Trommeln mit Blick auf Südamerika
Ich schätze es fällt mir etwas schwer meine Gedanken in diese Tastatur zu hämmern – hämmern, das es ist, wie es sich anfühlt – nachdem ich meine Wäsche gewaschen habe. In Potsdam schmeiße ich einfach alles in die Maschine und es scheint keinen Unterschied zu geben zwischen drei oder vier Hosen, fünf oder zehn Paar Sacken. Hier macht es einen fühlbaren Unterschied für die Auslastung der Fingermuskulatur. Zumindest im Moment noch.
Wie dem auch sei, heute war in der Tat ein guter Tag. Vor allem nach dem gestrigen. So schnell wie ich es nie erwartet hatte, vor allem nach den guten Erfahrungen der ersten Tage, habe ich mir eine satte Lebensmittelvergiftung zugezogen. Die Sache war ganz merkwürdig. Zum Abschied unserer Koordinatorin, Sabine (die am Taxi weiter unten), sind wir in ein Restaurant um die Ecke unseres Volunteer Apartments essen gegangen. Französisch, das Rstaurant gilt als sicher im Sinne von Lebensmittelzubereitung in einem Land, wo Salate potentiell mit verkeimten Wasser gewaschen sein können, importiertes Fleisch (leckere Reste aus der EU) durch mangelhafte Kühlung einen Tick hat, und Essen nach westlicher Küche oft an unzureichender Erhitzung krankt. Die Senegalesische Küche ist sicherer, weil gerade der Fisch oft stundenlang gebraten, gegrillt, geräuchert wird und dadurch alles unerwünschte Leben ausgelöscht wird. Dieses Französische Restaurant also. Als zweiter Punkt ist zu vermerken, dass die anderer Freiwillige, Michelle, das gleiche Gericht wie ich bestellte, Hähnchen mit Kartoffeln. Ihr ging es gut. Ich hingegen verbrachte den halben Tag gestern schlafend, ohne jeden Wunsch nach Bewegung. Und das, nachdem ich die Nacht über tief und fest, fast wie im Delirium geschlafen hatte, mit nur einer kurzen Unterbrechung, in der ich mich mit aller Wucht meines Abendessens entledigte (nur gut, dass niemand neben mir schläft). Der Tag war vorstellbar wenig erheiternd.
Heute Morgen war es dann viel besser. Lisa und ich werden offenbar noch bis nächsten Mittwoch in Dakar sein und dann nach Bignona, Casamance (Süd-Senegal) aufbrechen. Deswegen war es höchste Zeit, dass wir uns traditionelle Kleidung besorgten. Der beste Ort dies in Dakar zu tun ist HLM irgendwo in Dakar. Die Taxifahrer kennen diesen Ort, wow. Man sollte bei der Preisverhandlung auf 1000 F CFA zielen, mir ist es jedoch nicht gelungen. Alle Fahrer (nach fünf hatte meine senegalesische Begleitung genug) wollten 2000 CFA von mir, keine Ahnung. Vielleicht muss ich an meinem Unschuldsausdruck arbeiten. Andere Freiwillige (weißer Hautfarbe!) bekamen diesen Preis. Wir sind also zu HLM gefahren und durch das enge Markttreiben gezogen. So eng, dass man kaum zu atmen wagt. Was durch den vielen Autoverkehr (keine Kats) ohnehin schwierig ist. Wenn es also gelingt, zwischen den vielen Menschen (Händler, Suchende, Snack-Verkäufer) und Pfützen noch auf die Umgebung zu achten, eröffnet sich eine ganz neue Welt der Stoffe. So viele bunte, grelle, intensive Farben und kreative Muster. Mir fiel es bei dieser Auswahl nicht besonders schwer, einen Stoff für meinen Boubou auszuwählen.
Der Boubou ist das traditionelle senegalesische Outfit, das viele Menschen selbst in Dakar, wo Tradition sich mit Moderne vermischt, noch recht üblich ist. Umso mehr in den dörflichen Gemeinden. Wenn Lisa und ich auf Dorf-Expedition gehen, sind diese Teile „Pflicht“. Die Menschen fühlen sich ernst genommen, wenn man in ihrer traditionellen Kleidung daherkommt bzw. allgemeiner, ihre Kultur respektiert. Die Erfahrung von Tostan zeigt, dass die Menschen sehr viel offener mit Toubabs (Ausländern) umgehen, wenn sie sich respektiert fühlen und das beginnt damit, dass man ihren Dresscode respektiert. Ich erinnere mich gut daran, wie wir dieses Thema im Weltladen diskutiert haben, ich will es hier dabei belassen. Ich weiß nur, dass ich von vielen Leuten (mit Erfahrungen aus Indien, Senegal, Guinea) weiß, denen ich jetzt meine eigenen Eindrücke hinzufügen kann, dass die meisten Einheimischen es sehr begrüßen, wenn man sich ihre Kleider überstülpt. Ich wurde bereits mehrmals ermutigt. Heute habe ich mir also 6 Meter Stoff (5000 CFA) besorgt, den ich in einen wunderbaren langen losen Boubou umwandeln lassen werde demnächst. Bilder werden folgen…
DES ABENDS machte ich mit Lisa und einer weiteren Toubab (gibt es eine weibliche Form?) die ersten Zügen im Atlantischen Ozean an der Küste Westafrikas. Die Idee ist ein wenig aufregend. Die Wellen konnten dieser Erwartung jedoch kaum standhalten. Ein wenig in Richtung Brasilien hinausgeschwommen überkommt mich das pure Urlaubsgefühl, da ich der typischen Geruchsmischung aus Schweiß, verwesenden Abfällen und Abgasen entkommen kann. Der Salzreiz in meinen Augen erinnert mich an die alljährlichen Winter-Entflieh-Urlaube auf Ibiza (haha!). Es ist nicht besonders schwer, hier mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Es fehlt dann meistens auch nicht an Bestimmtheit zu sagen, kommt man so Englisch schnackend daher wie unsere binationale Gruppe, dass wir hier dringend Französisch sprechen lernen müssen. Und, hey, du kennst den ersten Präsidenten des Senegal nicht? Durchgefallen! Natürlich kennen wir ihn, Senghor, er ist eine Berühmtheit, 20 Jahre im Amt gewesen nach der Unabhängigkeit 1960.
So sitzen wir nach unserem Bad bei einer Gruppe Senegalesen und trinken Ataya, ein sehr starker chinesischer Grüntee, serviert mit einer außergewöhnlichen Menge Zucker. Normalerweise geht das drei Runden so, mit nachlassender Stärke des Tees, wir durchliefen jedoch nur Runde zwei. Gerade dabei, applaudieren wir den Trommlern bei uns unterm Zelt und kommen so zu unserer ersten Runde Trommelunterricht. Natürlich wird die Trommel als erstes mir zwischen die Knie geschoben. Frauen tanzen zu der Musik, erfährt Lisa, aber sie darf nach mir trotzdem probieren. Ob es ihr geringeres Gefühl für Rhythmik oder einfach nur die falsche Rolle, die sie da spielte, war, die unseren Lehrer zu seiner kritischen Beurteilung fuehrt...
Nun, ich schätze morgen sind wir wohl eingeladen, eine Art Hirsegericht kochen. In dem Fall hat Lisa bereits gelernt, dass sie schön zugucken darf, um zu lernen. Damit dir nicht der Mann weglaeuft, sich in die naechste Bar verdrueckt und nach Alternativen schaut, will das Kochen hier als Frau wohl gelernt sein. Hmmm... Werde ich mich dann wohl zurueckweisen lassen muessen?
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