Sonntag, September 25, 2005

Kurze Bemerkung zum Thema Female Genital Cutting

Tostan spricht von l’excision oder Female Genitale Cutting (FGC) und vermeidet damit die üblichere Bezeichnung FG Mutilation, die auch von Unicef verwendet wird. (Ich werde von FGC sprechen und mich um ein gradliniges Argument bemühen, denn mir bleibt noch viel Raum der Entdeckung in diesem Thema.) Der Grund ist folgender. Mutilation, oder Verstümmelung, ist wertend, verurteilend. Hielte Tostan den Müttern in den Dörfern jedoch vor, sie verstümmelten ihre Töchter, würde sich Tostan jedoch nicht nur erstens anmaßen, eine alte afrikanische Tradition von außen zu verurteilen, sondern zweitens einige Unverständnis und Abwehr ernten, weil der Grund für die Mütter und Familien für FGC nicht die Verstümmelung, sondern die Möglichkeit zur Verheiratung ihrer Töchter ist. Welche Erklärung dem wiederum unterliegt außen vor, ist Heirat der einzige Weg zur wirtschaftlichen Absicherung einer Frau.

Der Weg, den Tostan beschreitet, geht nun nicht über persönliche Anklage, sondern über die Veränderung gesellschaftlicher Kodizes. Wenn, so die Idee, sich ein ganzes Dorf samt aller Nachbardörfer dazu entschließt, in Zukunft auf FGC zu verzichten und dies in einer öffentlichen Zeremonie unter Anwesenheit von Verwandten, religiösen Führern, ehemaligen Beschneidern und Journalisten geschieht, dann ist praktisch vom einen auf den anderen Tag kein Beschneidung mehr notwendig, um als Frau „verheiratbar“ zu sein. Dies soll durch Aufklärung über Menschenrechte (insbesondere das Recht auf Körperliche Unversehrtheit) und Grundfragen der Anatomie und der Gesundheit erreicht werden.

Tostan war damit in den letzten sieben Jahren unglaublich erfolgreich. Ohne mit dem Ziel angetreten zu sein, dem Female Genital Cutting ein Ende zu bereiten, haben seit 1998 rund 1500 Dörfer diese Praxis abgeschafft. Das sind rund ein Drittel der Gemeinden, die im Senegal FGC praktizieren.