Weihnachten in Dakar
Ich könnte einen deprimierten, pessimistischen Eintrag über unsere Rückkehr nach Dakar machen, wie wenig afrikanisch hier alles ist, wie viel Überfluss sich hier findet, wie wenig es mit dem Leben in der Casamance zu tun hat. Dafür bin ich aber noch zu kurz hier und meine Eindrücke noch zu frisch und einseitig. Der Abschied von Bignona war schwer. Papise hatte gesagt, wir seien eine grosse Familie geworden. Er hat recht. Als ich ihm vor ein paar Tagen sagte, es sei Zeit für uns zurückzukehren, weil unser Auftrag beendet ist, zog er ein betroffenes Gesicht.
Die Erlebnisse in Bignona, und vor allem in den Dörfern, haben einige Spuren in mir hinterlassen. Als wir im September nach Dakar kamen, nahm ich vor allem Gestank, die Hitze, die Hektik, die verfallenen Strassen und die unfertigen Häuser war. Unser Appartment für die Voluntäre schreckte mich ab, weil es heiss war und in der Toilette Ameisen von der Grösse halber Streichhölzer Strassen bauten, und nachts riessige Schaben über den Boden huschten. Dieses Bild scheint sich komplett verändert zu haben. Ich erkenne diese Stadt nicht wieder. Sie ist voller grosser luxuriöser Häuser, sie wimmelt von grossen Autos, in der Innenstadt reiht sich ein schickes Restaurant an das nächste. Das Appartment ist mit glänzenden Steinen ausgelegt und die Leute haben Fernseher. (In den Vierteln, wo Strom ein Fremdwort und Cholera eine reelle Bedrohung ist, waren wir noch nicht.)
Im Moment erscheint mir das alles sehr fremd. In Bignona schienen das Leben und die Menschen viel authentischer zu sein. Sie hatten nicht viele Mittel, aber sie schätzten ihre Familie und ihre Tradition. Hier sieht man kaum Leute in traditioneller Kleidung auf der Strasse. Die Entwicklung scheint daraus zu bestehen, die westliche Kultur nachzuahmen, und nicht unbedingt die guten Seiten. Gerade ist eine grosse Mall, ein riesiger Einkaufspalast, in Bau.
Dass mich dieser Ortswechsel mit solcher Heftigkeit erwischen würde, hatte ich nicht erwartet. Der reinste Kulturschock. Fast wie nach Europa zurückzukommen. Doch dann erinnere ich mich, welche Umstellung Dakar im September bedeutete.
Doch das Bild kann nicht nur trüb sein. Vor allem Cody nach anderthalb Jahren wiederzutreffen, ist toll. Er ist für Tostan in Conakry, Guinea, im Moment jedoch noch bis 28.12. in Dakar. Er hatte mich auf dieses Praktikum gebracht. Kennengelernt haben wir uns in Oregon, als ich dort Gastschüler war vor fünf Jahren. Seitdem haben wir uns in Prag, Lyon und Berlin wiedergesehen. Dann sind da noch einige Leute, mit denen wir im Laufe des Praktikums unterwegs waren, insbesondere Pape. Er hatte die erste Fahrt mit uns gemacht, bis er verletzt von dem ersten Dorfbesuch zurück nach Dakar flüchtete. Das war die Zeit in Kolda Ende September.
Die Ankunft war überraschend. Die Fahrt durch den Gambia verlief erstaunlich problemlos. An der Fähre über den Fluss, der Mungo Park vor knapp 200 als Start für seine Westafrikaexpeditionen diente und er von Mauren entführt und misshandelt wurde, sich einmeterlange Guinea-Würmer in seinen Beinen einpflanzten, warteten wir kaum eine Stunde. Oft sind es Wartezeiten zwischen 3-8 Stunden. Im Dakar-Büro kommen wir rechtzeitig zum Empfang einiger Unterstützer von Tostan, die gerade aus Kalifornien qngekommen waren. Wir werden in eine ausgedehnte Vorstellungs- und Fragerunde eingebunden. Das nach 11 Stunden Fahrt. Mein Adrenalinpegel war jedoch zu hoch, um Müdigkeit wahrzunehmen. Die kam erst nach dem Abendessen. Und mit ihr die Welle Impressionen, die meinen Kopf dem Explodieren nahe bringen.
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