Samstag, Oktober 29, 2005

Fünf Tage Dorfleben und so arbeitet Tostan (ein Anfang)

Während unsere Abfahrt auf Sonntag verschoben wurde, drehen sich die Bilder von Kabeumb und Kankandi noch immer in meinem Kopf. Den nötigen Abstand zu gewinnen, um unsere Beobachtungen in einen Artikel zu formen, ist mir heute nicht gelungen. Die Vorstellung, schon am Sonntag wieder aufzubrechen, um erneut in diese ganz andere (und dazu noch neue) Welt der senegalesischen Dörfer einzutauchen, lässt mich leicht unruhig werden. Wie soll ich die Dörfer noch einzeln wahrnehmen, wenn ich sie im Drei-Tage-Rhythmus abklappere, und danach kaum Zeit zum Setzen lassen bleibt? Auf der anderen Seite ist diese Schlag auf Schlag Methode unsere Chance, eine Vielzahl von Dorfwelten kennen zu lernen, mit vielen Leuten zu sprechen, ein breites Bild von ihrer Lebensrealität zu bekommen. Mit jedem Dorf lernen wir außerdem neue Aspekte des Tostan-Programms kennen.

Das Tostan-Büro in Dakar ist für die Koordination der Freiwilligen (oder Praktikanten) zuständig. Die regionalen Büros werden kurzfristig informiert, und die Koordinatoren dort kümmern sich um die Dorfbesuche (Übersetzer, Transport, Benachrichtigung des Dorfs). Diese Besuche von Toubabs neigen dazu, eine Attraktion zu sein, weil die Gastfreundschaft in diesem Land der Teranga („Gastfreundschaft“ auf Wolof) ohnehin groß geschrieben wird, mit der Einladung von Tostan nun aber noch ein bemerkenswerter Eifer hinzukommt, die Veränderungen im eigenen Dorfleben zu präsentieren, die unterstützt durch die Tostan-Klasse erreicht wurden.

In unserem ersten Dorf, Kabeumb, sitzen wir einer Gruppe Frauen gegenüber, die allesamt beschnitten sind. Das heißt, sie mussten sich im Alter von fünf bis zehn Jahren dem Ritual unterziehen, bei dem ein Teil der Klitoris abgetrennt wurde. (Es existieren verschiedene Stufen der Beschneidung, dies ist die unterste, was jedoch nicht im geringsten eine Abschwächung darstellt!) Ohne Beschneidung, kein Mann, ohne Mann, keine Familie und keine Versorgung. Die Frauen erklären, sie hätten ihre Töchter ebenfalls beschneiden lassen, wenn sie nicht durch Tostan von ihren Rechten erfahren hätten. Tostan klärte über Menschenrechte auf und wies auf die gesundheitlichen Folgen der Beschneidung hin, die den Frauen alle unangenehm vertraut sind (wir erfuhren von Probleme und Schmerzen insbesondere bei der ersten Geburt und dem Geschlechtsverkehr; wir sprachen in der Gruppe und in Einzelgesprächen). In Folge dessen entschlossen sich die Dorfbewohner, der Praxis ein Ende zu bereiten. Sie organisierten, unterstützt durch Tostan, eine öffentliche Deklaration, bei der 118 Dörfer sich diesem Anliegen anschlossen und die Praxis ein für alle mal für beendet erklärten.

Der Idee der Deklaration liegt eine Theorie zu Grunde, die besagt, dass gesellschaftlicher Wandel praktisch über Nacht möglich ist. Was es dazu bedarf, ist die Unterstützung aller beteiligten gesellschaftlichen Akteure, und eine Streuung dieser Unterstützung über die gesamte betroffene Region. Um also Erfolg zu haben, diskutierte die Dorfversammlung des Tostan-Dorfs, darunter religiöse Führern, das Dorfoberhaupt, die Frau (es handelt sich immer um eine Frau für die Mädchen!) mit dem Beruf der Beschneidung von Mädchen (l’exciseuse auf Französisch; auf Deutsch?), Familienväter usw., über die Probleme der Beschneidung und ihre mögliche Abschaffung. Schließlich herrschte ein dorfweiter Konsens, und eine Abschaffungsbewegung entsteht. Eine Deklaration soll organisiert werden. Durch Mund-zu-Mund-Propaganda unter Freunden und Familien über die Dorfgrenzen hinweg spricht diese Bewegung nun um. Da die Frauen in den anderen Dörfern mit den gleichen gesundheitlichen Problemen vertraut sind, sind sie sehr an dem Wissen ihrer FreundInnen und Verwandten interessiert. Sie fragen das Tostan-Dorf an, ob sie an der Deklaration teilnehmen können und werden eingeladen.

Zur Deklaration kommen nicht nur Delegationen aus sympathisierenden Dörfern, sondern auch Journalisten, Verwandte aus dem Ausland, Präsidenten von Fußballvereinen, die Direktorin von Tostan, Marabuts und Imams (religiöse Führer). Das Dorf schwört einer Jahrtausende alten Tradition ab und hat dafür viele Zeugen. Da nun in der gesamten Region niemand mehr die Beschneidung der Frau als Bedingung für eine Hochzeit verlangt, ist ihr raison d’être verschwunden. Ende 2003 und im Mai 2005 gab es zwei Deklarationen in der Südregion des Senegal, der Casamance, in Oulampane (das Lisa und ich in der nächsten Woche besuchen werden) und Marakissa, woran zusammen 162 Dörfer teilnahmen. Seitdem ist die Beschneidung in einem Teil der Casamance Geschichte. Die vorzeitige und erzwungene Heirat ebenfalls (ein weiteres Thema…). Aktiv war Tostan lediglich in 20 Dörfern seit 2001, mit der finanziellen Unterstützung von Unicef.

Ich habe den Ansatz von Tostan zur Beschneidung zuvor erklärt, als ich ihn mir zusammengelesen hatte, hier.

Die Abschaffung der Beschneidung ist jedoch nur ein Teil des Ganzen, und das Ganze ist die sich verändernde Rolle der Frau. Sie erkennt ihre Rechte, sie beginnt eine aktive Rolle in der Dorfgemeinschaft einzunehmen. Sie gewinnt ein Körperbewusstsein und wird sich ihrer Bedeutung für die Gemeinschaft bewusst. Sie beginnt sich am Familieneinkommen zu beteiligen (traditionell die Domäne des Mannes), indem sie Handel betreibt, oder sich für den Gemüseanbau- und Verkauf organisiert; Handel und Reisen waren ihr zuvor oft untersagt. Sie darf nicht einfach geschlagen werden, wenn sie nicht spurt, und ihre Meinung in Familie und Dorf zählt. Sie hat das gleiche Recht, einen Schulabschluss zu machen, wie die Jungen, und darf deswegen nicht frühzeitig und ohne ihren freien Willen verheiratet werden, wie bei dem Tausch eines Kamels. Von den Männern kommt in diesem Prozess eine erstaunliche (?) Unterstützung, und den Willen zur Einsicht, dass Althergebrachtes eventuell nachteilig ist, einhergehend mit dem Willen, das eigene Verhalten zu verändern, finde ich bemerkenswert. Dies gehört zu den Punkten, die mich bei unseren Besuchen noch am meisten in Verblüffung versetzen, und es sind alles Veränderungen, die durch Tostan erwirkt werden.

Am 11./12. November findet in der Nordregion des Senegal, der Fouta, eine weitere Deklaration statt. Inzwischen scheint organisiert zu sein, dass Lisa und ich dort hinfahren können um Zeuge zu werden. Ich bin äußerst gespannt.

***

Malamin, unser Begleiter und Übersetzer des Diola, hatte am Abend vor unserer Abreise die Symptome der Malaria bei sich festgestellt. Am nächsten Tag ist er bereits unterwegs in den Busch, ohne Behandlung, fernab von Krankenhäusern. Er konnte sich jedoch in Kabeumb die notwendigen Medikamente besorgen. Dies ist ein weiterer Aspekt des Tostan-Programms, die Gesundheit. Die Malaria ist ein großes Problem, aber da Impfungen oft meistens nicht wahrgenommen werden, kommen auch noch verhütbare Krankheiten wie Tetanus, Polio, Keuchhusten, Gelbfieber oder Diphtherie hinzu. Frauen lassen sich vor und nach ihrer Schwangerschaft nicht untersuchen oder impfen. Bei Geburten im Dorf kommt es häufig zu Komplikationen, die nicht nur im Zusammenhang zur Beschneidung stehen. All dies sind Punkte, über die Tostan spricht, und Möglichkeiten zur Prävention aufzeigt. In Folge des Programms organisieren sich die zuvor meist unorganisierten Dörfer (Dorfchef und Dorfälteste entscheiden, und sind damit überfordert) mit einer Dorfverwaltung. In Kabeumb stand eine Frau an der Spitze dieser Verwaltung. Ein Arm der Dorfverwaltung ist für die Gesundheit des Dorfes zuständig. Wenn sich eine schwangere Frau beispielsweise nicht untersuchen lässt, fragt die zuständige Kommission nach dem Grund und gewährt, wenn nötig, finanzielle Unterstützung. Im Programm werden die Teilnehmer über das Impfprogramm der senegalesischen Regierung informiert. Sieben Grundimpfungen sind für Kinder unter fünf Jahren kostenlos zu haben. Schwangere Frauen können sich zu einem geringen Unkostenbeitrag impfen lassen. Doch davon weiß die Dorfbevölkerung meist nichts.

Was ist jedoch Prävention wert ohne gute Hygiene, besonders wo Mensch mit Tier praktisch zusammenlebt, Kinder im Mist spielen, mit Händen aus großen Schüsseln gegessen wird, Moskitos nur darauf warten, sich in Pfützen und menschlichen Exkrementen, die sich mangels Toiletten oder Latrinen in der Umgebung streuen, fortzupflanzen? Deswegen behandelt Tostan Gesundheit im gleichen Modul wie Hygiene, und die Fortschritte sind schnell sichtbar: In Tostan-Dörfern richten die Bewohner Latrinen ein, die Leute waschen sich vor dem Essen die Hände, Seife ist vorhanden. Alles keine Selbstverständlichkeiten.

Das Dorferlebnis lebt von der Atmosphäre, in Lehmhütten zu übernachten, in denen nachts der Staub von der Decke bröckelt, nach Sonnenuntergang kaum eine Beschäftigung bleibt, als die Sterne zu beobachten, zu den Mahlzeiten von jeder Familie eine kleine Platte zum kosten zu bekommen, so dass sich leicht vier, fünf Töpfe mit Reis, Fisch und etwas Maniok stapeln können; den stolzen Hahn kennen zu lernen, bevor er im Kochtopf landet und sein Kamm abends auf dem Teller auftaucht; sich von einem ausgehungerten, halb verdursteten (Ramadan…), jedoch unglaublich tapferen Begleiter die Möglichkeit mehrerer Hähne auf einem Territorium erläutern zu lassen und sich dabei an den Bio-Unterricht der sechsten Klasse erinnert zu fühlen; Auberginen- und Avocadopflanzen zu bestaunen und zu erkennen, dass Melonen nicht auf gewaltigen Mammutbäumen wachsen, sondern auf dem Boden wie Erdbeeren, und noch mal der Begleiter, dieser Malamin, der plötzlich zum Spinnenmensch wird, bei mir mehrere Sicherungen durchbrennen, als er mit der einen Hand isst, mit der anderen die Taschenlampe hält, und es dennoch schafft, ein Streichholz anzuzünden um eine Kerze zu erleuchten. Er hat seine Zehen eingespannt. Auf der Rückfahrt kam mir das Betreten der betonierten Route Nationale plötzlich festlich vor, und für den Rest des Tages hatte ich keine Wünsche außer Lisa beim Wäsche waschen zu beobachten – und unser Huhn zu bewundern. Ein Gastgeschenk aus Kankandi.

PS: Für Bilder verweise ich auf Lisas Blog (Link in der Sidebar), ich kam leider nicht mehr dazu.

Mittwoch, Oktober 26, 2005

Kurz auftauchen, Luft holen

Ich hatte eigentlich damit gerechnet, mich ein wenig zurücklehnen, die Gedanken schweifen lassen, die Eindrücke der letzten fünf Tage verarbeiten zu können. Doch daraus wird nichts. Gestern sind wir von fünf Tagen "im Busch" oder zwei traditionellen Dörfern zurückgekehrt, am Samstag brechen wir für den nächsten Besuch auf, drei Tage in einem weiteren ehemaligen Tostan-Dorf (Unicef-Projekt 2001-2004). Der Termin ist knapp. Denn in der nächsten Woche endet der Ramadan und die Fastenzeit wird mit einem grossen Fest, dem "Korité" (nicht dem Tabaski, wie ich erst dachte, Tabaski folgt im Februar und ist des Korités grosser Bruder), in die Wüste geschickt. Das Fest überdauert Donnerstag und Freitag. Malamin, unser Begleiter und Übersetzer der letzten Tage, hat uns in sein Dorf, zu seiner Familie eingeladen, und diese Chance wollten sich Lisa und ich nicht entgehen lassen. Denn in den Dörfern wissen sie zu feiern.

Unser Aufenthalt in den beiden Dörfern ist sehr gut verlaufen. Keine Probleme mit dem Essen, keine wilden Moskitos, keine Schlangen, keine Blessuren. Wir konnten die Gastfreundschaft geniessen und ergebnisreiche Interviews führen. Ich bin zufrieden und war heute erstaunt, wie ich nach fünf Tagen voller Impressionen und Entdeckungen, schliesslich einer langen Nacht zurück im Büro, völlig antriebslos rumhing. Keine Lust auf Arbeit. Völlig platt. Dann die Planung, schon am Samstag weiter zu machen anstatt erstmal wirken zu lassen. (Dies hat mir tatsächlich einen Schub verpasst, denn ich würde gerne mit Lisa schon den Artikel entwerfen, einen Eintrag in mein Tagebuch machen, bloggen... und plötzlich sitzen wir auf der Ladefläche des Jeeps und fahren nach Ziguinchor, wo ein Cybercafé auf unseren Besuch nur wartet, und ich bin überhaupt nicht vorbereitet.)

Ich versuche also bis Samstag, noch ein paar Beobachtungen von den Dörfern niederzuschreiben und ein paar Bilder dazuzupacken, es sind ein paar nette entstanden. Bacary spricht gerade im Radio über Tostan wie jeden Mittwoch, die Direktorin Molly Melching bereitet ihre Rückkehr aus Kenia vor, wo sie eine Woche weilte (wofür bloss?), Lisa updatet ihren Blog, die Leute essen Sandwiches und trinken Milchkaffee nach einem weiteren Tag des Fastens, unser Huhn (ein Geschenk einem Dorf) sitzt vielleicht gerade wieder auf der Wäscheleine und unter ihm zerbricht ein Ei auf der verhängnisvollen Mistgrube. Ich atme tief durch.

Donnerstag, Oktober 20, 2005

Kurz vor dem Busch

Papise, der Fahrer, fordert mich dazu auf, seine Biskuits zu Ende zu essen, um 11 Uhr abends. Er selbst ist zu übermüdet dazu. Die Fastenzeit hinterlässt ihre Spuren. Er hatte trotzdem den ganzen Weg nach Dakar gemacht, 12 Stunden um den Gambia herum. Außerdem steht er jeden Morgen um halb sechs auf um zwei Stunden zu beten, egal wann er die Nacht vorher schlafen gegangen ist.

Moussa, der Haushüter, arbeitet tagsüber auf dem Bau, jetzt während des Ramadans nur von 8 bis 13 Uhr, schläft dann drei Stunden, kommt um 16 Uhr ins Büro, sein Dienst geht bis 7 Uhr morgens. Wenn er abends auf der Matte vor dem Haus liegt kommt es vor, dass er im Gespräch einschläft, nachdem er eine Frage gestellt hat. Wenn Freiwillige im Haus sind, lässt er sich das Essen seiner Frau ins Büro bringen.

Bakary, der Koordinator, fastete ebenfalls, besuchte am Sonntag bei „strahlendem Sonnenschein“ zwölf Dörfer mit dem Motorrad, kommt abends zurück, übergibt sich, und macht seitdem Fastenpause um sich zu erholen. Gut für uns: Er ist gegen Nachmittag sehr viel gesprächiger als fastend.

Die Bürozeiten sind von 18 Uhr auf 16.30 Uhr reduziert, in allen Tostanbüros. Der öffentliche Dienst schließt noch viel früher, vor allem in Dakar, wo der Verkehr auch ohne einen Schwarm ausgedürsteter Feierabendler überfordert ist.

Eigentlich sollten Lisa und ich längst unter dem Strohdach eines weiteren Dorfes sitzen und dort unseren Ataya trinken. Doch unsere Abreise hat sich verzögert. Zunächst ist Papise länger in Dakar geblieben als eingeplant, dann erwischt es Lisa mit einiger Macht. Sie ist inzwischen jedoch gut dabei, sich von Erkältung, Fieber und Sturz in die hauseigene Abwassergrube zu erholen (sie mag davon am besten selbst berichten, hier ist der Link zu ihrem heutigen Eintrag, der ihr Versprechen "Gleiches anders erlebt" kaum besser einhalten könnte). Wir hoffen, dass sie uns am Freitag begleiten kann. Denn unsere Abfahrt ist jetzt für Freitag angesetzt. Wenn es unsere Gesundheitszustände erlauben, werden wir zwei Dörfer, ein ehemaliges, ein neues, besuchen. In der heutigen Radiosendung über Tostan, die jeden Mittwoch im regionalen Radio aus Ziguinchor gesendet wird, forderte Bacary unser erstes Dorf auf, seine zwei deutschen Freiwilligen mit ihrer ganzen Gastfreundschaft aufzunehmen.

Wir haben uns in den ersten Tagen gut kennen gelernt. Bacary Tamba ist sehr aufgeschlossen und humorvoll, viele nennen ihn noch respektvoll „Deputé“ in Erinnerung an seine frühere Position als Abgeordneter des senegalesischen Parlaments. Trotz seiner guten Position bei Tostan wohnt er in einem kleinen Haus, in dem sich seine sechs Kinder (ein Junge unter fünf Mädchen, die älteste 18) ein Zimmer teilen müssen. Ein größeres Haus kann er nicht bezahlen. Seine Familie hat kein Auto, keinen Kühlschrank, keinen installierten Herd, die ersten Zeichen von etwas Wohlstand. Ein ordentliches Haus mit vier Zimmern ist dabei für den Preis eines ordentlichen Gebrauchtwagens in Deutschland zu haben. Demnächst steigt Bacary zum internationalen Koordinator auf, weil das Tostan-Programm in den Gambia ausgeweitet wird, sobald der Grenzzwist (mit dem Senegal) beigelegt ist. Der Gambia ist einer von fünf afrikanischen Staaten, die in diesem Jahr eine Anfrage an Tostan gerichtet haben, darunter Mali, Mauretanien und Somalia auf der gegenüber liegenden Seite des Kontinents.

Ich habe die Extratage vor der Abreise genutzt, um unsere beiden ersten Berichte fertig zu stellen, den über das Dorf und jenen über das Seminar. Die Arbeit war eine geistige Erfrischung. Der Zweck liegt hierin: 1. Die Arbeit der lokalen Tostan-Mitarbeiter wird von außerhalb begutachtet und dokumentiert. Die Freiwilligen kommen und bringen ihre Kameras und Laptops mit - für viele Senegalesen eine Attraktion - um einen Eindruck von der Arbeit zu vermitteln, die ansonsten meist fernab der Blitzlichter stattfindet. 2. Die Berichte dienen der Dokumentation für die Spendengeber wie Unicef oder die amerikanische Annenberg Foundation, die wissen wollen, was mit ihren Mitteln geschieht. 3. Wir Freiwilligen lernen das Programm und seine Wirkung vor Ort kennen. Wirklich, ich muss mir kein Bild mit Berichten aus zweiter Hand machen. Ich kann die Menschen in den Dörfern befragen, die Tostan-Lehrer kennen lernen, in die Lehrbücher gucken. Was mich interessiert, ich kann darüber berichten. Dazu kommt noch, ein Tag kann total entspannt und lässig sein, wie der letzte Sonntag, ich sitze den ganzen Tag auf der Terrasse und lese oder gucke in die Luft, und kann dabei ein Dutzend neuer Dinge lernen, wenn ich nur ein paar Fragen an Bacary richte. Eigentlich scheinen wir nur zu plaudern. Es ist eine sehr unformelle Art des Lernens.

Papise brachte aus Dakar unsere Visa mit und dazu zwei nette Überraschungen. Die eine ist, dass die Verlängerung nicht unseren ganzen Aufenthalt abdeckt, wir also diese Behörde erneut bemühen müssen. Die zweite, als Anlage für spätere Schmunzelfalten, auf dem nebenstehenden Bild meines Reisepasses zu entdecken, ganz ohne jede Französischkenntnisse… (Anklicken zum Vergrössern)

Heiß ist es geworden. „Man sagt, wenn ein Sahel-Maure stirbt und sich inmitten der sengenden Flammen der Hölle wieder findet, dann kehrt sein Geist unweigerlich auf die Erde zurück – um sich eine warme Decke zu holen.“, lese ich in der Wassermusik von T.C.Boyle. Wenn ich bei seinen detailbeladenen Ausflügen in das Westafrika des 18. Jahrhunderts davonschweife wie ein Jüngling bei dem Gedanken an seinen Schwarm, dann bin ich dankbar, dass die Casamance nicht ein paar hundert Kilometer weiter nördlich liegt. Denn wie wir dem Ende der Regenzeit erbarmungslos entgegeneilen, es vielleicht sogar schon erreicht haben, heizt die Sonne das Büro auf als ob demnächst Biskuites auf dem Konferenztisch gebacken werden sollten, in dem öligen Schweiß unserer Stirne. Wenn ich mich der gleichen Verpflichtung wie die unblessierte Mehrheit meiner muslimischen Umgebung hingäbe und mich in der Enthaltung von Nahrung und Getränken zur Erinnerung an weniger reiche Zustände übte, ich weiß nicht, wie lange ich durchhielte, ohne mich zu übergeben wie nach dem Verzehr eines halbrohen senegalesischen Gemüseeintopfs (Tomaten, Rettich, Möhren) um halb zwei Uhr morgens im Hinterhof des Tostan-Büros...

Wie gesagt, heiss ist's geworden...

Donnerstag, Oktober 13, 2005

Ende einer Bignona-Realität, Anfang einer neuen

Am Montag werden wir uns in unser erstes ehemaliges Tostan-Unicef-Dorf aufmachen, drei Tag haben wir angesetzt. Wir werden von Malamin begleitet, einem Tostan-Supervisor, den wir auf der Konferenz und hier im Büro gut kennen gelernt haben. Er ist sehr erklärungsfreudig, aufgeschlossen und gegen Mitte 50. (Lisa beim Austeilen des Brots - das ich geschmiert habe -, der ersten Mahlzeit des Tages für alle fastenden Muslime. Alassane, der "Consultant Formateur" für die Nationale Sprache Diola bei Tostan, strahlt in die Kamera. Er genoss die Aufmerkamkeit einer Kamera sehr. Ganz links der Supervisor Youssouphe.)

Ich bin sehr gespannt, wie der Vergleich zwischen den beiden Dörfern ausfallen wird. Denn das letzte Dorf war gerade in einem frühen Stadium des Tostan-Programms, das kommende hat es bereits abgeschlossen. Das letzte lag weit draußen im Busch, völlig abgeschnitten, das kommende liegt nur knapp 40 Kilometer von unserem Büro in Bignona entfernt. In Dorf 1 hätten wir durchgehend futtern können, Dorf 2 wird von der
Fastenzeit des Ramadan beruhigt sein. (Man wird uns trotzdem vorsorgen.) Im letzten Dorf erfassten mich Fieber, Durchfall und Schlafsucht, wie wird es mir diesmal gehen? Bin ich inzwischen immunisiert?

Anfang der Woche endete unsere lieb gewonnene Bignona-Realität im Schatten des Mangobaums, denn das Seminar ging zu Ende. Ich habe eine Menge über Tostan, sein Programm und seine Mitarbeiter gelernt. Mein Eindruck ist ausgesprochen positiv. Das Lehrmaterial ist ganz unübersehbar auf die Verhältnisse hier zugeschnitten, auf die Probleme, die die Menschen haben, auf ihren Entwicklungsstand. Die Facilitatoren sind ein engagiertes Völkchen, die oft einiges auf sich genommen haben, um für Tostan zu arbeiten. Ein Teilnehmer erzählte uns, er wolle die Bedingungen verbessern, unter denen die Menschen leben, und ihm sei wichtig, dass sich die Rolle der Frau weiterentwickle. Deswegen habe er sich an Tostan gewendet. Und nimmt damit auf sich, in "sein" Tostan-Dorf und von seinter Familie weg zu ziehen für die Dauer des Programms, denn die Facilitatoren sollen ihr Dorf genau kennen lernen. Nur so können sie sich wirklich auf die Menschen einlassen und mit ihnen zusammenarbeiten. (Der Krankenpfleger, der auf dem Seminar über die Folgen von Dehydrierung bei Durchfall sprach. Mit dem Messbecher demonstriert er die korrekte Mischung einer Salz-Zucker-Lösung. Die Zeichnungen im Hintergrund sind Unterrichtsmaterialien.)

Zum Abschluss gab es ein großes Festessen, Hähnchen mit Couscous, und den I-Punkt setzten Softdrinks für alle. Softdrinks: Cola, Fanta, Gazelle Limonade (ein lokales Getränk). Nicht: Sekt, Wein, Bier. (Abschiedsessen im Seminarraum unter Palmendach, mit Koordinator Bacary und Alassane; dahinter stehend Supervisor Lansana. In der Regel teilen sich fünf bis sechs Leute eine Platte, einige Seminarteilnehmer essen mit ihren Händen. Gewaschen sind sie, ob sie einen Löffel halten oder nicht.)

Softdrinks haben nicht den Stellenwert, den ich ihnen zuweise, wenn ich sie mir im Vorbeigehen am Straßenstand kaufe. Allerdings heißt das nicht, dass man sie – ich erinnere mich gut an die Worte meiner Eltern, wenn sie gänzlich typisch zu mir und meinem Bruder sagten: - „genießt!“. Auch ein besonders Getränk kippt runter.

Ebe
nso verhält es sich mit Essen und ich frage mich, ob dies nur an der Gemeinschaftsplatte liegt, die zum schnelleren Essen verleitet. Ein langsames Getränk wie bei uns der Wein ist der der Ataya, er dauert ewig in der Zubereitung, leicht eine Stunde für drei Durchläufe; so sitzt man vor allem wartend zusammen; der Verzehr nimmt nur Sekunden in Anspruch. Lisa und ich haben in den letzten Tagen ein sattes Stück Arbeit hingelegt.

Wir schreiben an dem Bericht über das Seminar und überarbeiten die Story über das erste Dorf. Es soll mehr wie ein informierter Erlebnisbericht werden, für den typischen Erfahrungshorizont eines Amerikaners oder Westeuropäers geschrieben. (Wer sich ans Bein gepinkelt fühlt, der achte g’schwind auf d
as linke Auge: es zwinkert!) Wir erforschen die grafischen Möglichkeiten von MS Word. So erfahre ich ein fast vergessenes Gefühl, jenes der Erschöpfung durch geistige Arbeit. (Unser Hinterhof, idealer Unterschlupf für hundgrosse Krähen, die morgens schon vor den Hähnen krähen.)

Eine Notiz zur: Malaria. Ich habe mir bei unserer Ankunft in Bignona kühn überlegt, die Prophylaxe abzusetzen. Inzwischen habe ich die Idee vorläufig verworfen. Es stimmt, wir haben die Moskitonetze, die Räucherstäbchen; am frühen Abend haben wir den Extraschutz durch die Insektizide. Stiche lassen sich trotzdem nicht vermeiden. In der Casamance besteht ein hohes Malariarisiko, die Krankheitsfälle finden sich in unserem nächsten Umfeld, zum Beispiel auf dem Seminar. Der Süden ist nicht wie Dakar. (Dort wütet die Cholera). Wenn ich mir jetzt angucke, mit welchen Schwierigkeiten ich mich in den ersten Tagen in Bignona auseinandergesetzt habe, wie es mir bei unserem ersten Dorfbesuch ging, einfach nur durch das Essen, das Wasser, die Luft, die Anstrengung – dann nehme ich dieses Extrastücken Sicherheit gerne noch für eine Weile mit.

Wir sind zwar bereits seit sechs Wochen im Senegal, doch wir waren viel unterwegs, deshalb fühle ich mich noch nicht richtig mit meiner Umgebung vertraut. Auch wenn vieles schon leichter geht; die täglichen Zurück- und Abweisungen von Händlern, Bettlern und ich-möchte-dein-Freund-werden-und-zwar-sofort-Typen nicht mehr so an meiner Stimmung nagen; der ewige Sonderstatus als Toubab – dem alle Kinder hinterherrufen und von dem alle erwarten, dass er sie mit seiner Kaufkraft segnet, weil sie überzeugt sind, dass er über Reichtümer verfügt – nicht mehr so an meinen Kräften zehrt. Der Umgang mit den Menschen wird routinierter.

Dem wird noch helfen: Diola lernen! Kürzlich meinte Malamin, als er mir gerade eine Spontan-Lektion (Ich, du, er, sie, es… 1, 2, 3, 4, 5, 5+1, 5+2… was kostet das? Zu teuer! … ) erteilte: „Tu risques parler couramment le Diola quand tu parts…“ Morasum! (Gute Nacht!)

Samstag, Oktober 08, 2005

Eine etwas steinige Eingewöhnung, aber dann...

Die letzten Tage bestanden aus zwei einfachen Dingen: 1) Eingewöhnung, 2) Tostan-Seminar. Ich bin heilfroh, dass ich diesen Text ohne die Untermalung der Koran-Rezitation schreiben darf, die der Chauffeuer, Bapise, gerne im Wechsel mit amerikanischem Hip-Hop hört. Auch wenn er beides nicht versteht. Ich nehme ihm seine Gewohnheit auch nicht übel, er ist ein cooler Typ, lehrt mich viel über Sprache und Verhalten in der Diola-Gesellschaft. Aber ich mache mit Punkt 1 weiter.

Die Eingewöhnung verlief unerwartet steinig. Lisa ist und ich war erkältet. Wenn sich der Körper mit bösen Erregern auseinandersetzen muss, hasst er es, wenn man ihn hohen Temperaturen, harten Stühlen und Moskitos aussetzt. Ich kann es ihm folglich nicht verübeln, dass er mir die Rechnung servierte.

Ich war in der letzten Woche zeitweise unglaublich genervt, überanstrengt, alle schienen was von mir zu wollen, die vielen neuen Namen und Diola-Vokabeln wollte nicht in meinen Kopf rein, der Schweiß fühlte sich an wie Urin, das mich pausenlos betröpfelt, die Tage wollten nicht enden und in den Nächten wartete unsere persönliche Sauna mit Moskitogarnierung.

In Bignona gibt es praktisch keine Möglichkeit, sich irgendwie zu zerstreuen. Das einzige Cybercafé nimmt für eine Stunde surfen 1000 F CFA (ca. 1,55 Euro), die Märkte sind klein, es gibt keine Cola Light (ein Laster, dem ich auf Reisen zu verfallen pflege). Es gibt sowieso keine netten Cafés, aus denen man die Leute beobachten könnte, kein Kino, keine Museen.

Also hängen wir den ganzen lieben langen Tag im Hotel Le Palmier auf dem Tostan-Seminar rum und versuchen irgendwie die Zeit totzuschlagen. Wenn wir heimkommen, gegen 22 Uhr, falle ich nur noch erschöpft ins Bett. Am Morgen wecken mich die schrillen Krähen, die Mistfiecher. (Endlich!!! Eine Karte. Ich habe unsere Stationen markiert bis Bignona, um den Gambia herum. Wir haben vorher fast zwei Wochen in Kolda, eine Station vor Bignona, verbracht.)

So ungefähr kam es mir an den schlechteren Tagen vor. Seit unserer Ankunft in Bignona vor anderthalb Wochen.

Natürlich ist das zu trübe. Meine Erkältung hat sich seit drei Tagen steil gebessert und damit ergibt sich ein anderes Bild. Bignona ist eine schöne Stadt mit einer entspannten Atmosphäre, umgeben von Palmen und Reisfeldern. Es gibt einen betonierten Bürgersteig an der Hauptstraße, den ersten, den ich im Senegal sehe. Ziguinchor als regionale Haupt- und Touristenstadt ist nah und attraktiv. Es gibt nette Restaurants, Buchläden (!) und coole Cybercafés (hier zu einem Drittel des Bignona-Preises). (Teilnehmer des Tostan-Seminars bei der Diskussion ihrer Fortschritte. Die Unterrichtssprache ist Diola.)

Das Problem mit den Moskitos unter unseren Netzen und der Hitze haben wir mit deutscher Gründlichkeit gelöst: 1. Vorhandene Netze gegen die eigenen imprägnierten ausgetauscht, 2. Einsatz von Anti-Moskito- Räucherstäbchen bei Nacht zur Vergiftung der Zimmerluft, 3. Verstärkter Tiefdruckeinsatz zur Erhöhung der Regenhäufigkeit. Die letzten Nächte waren himmlisch.

Wenn Bignona tatsächlich mit Regen beglückt wird, blüht alles auf, die Hitze verschwindet, die Wäsche darf von vorne trocknen und stinkt anschließend (meint Lisa), die Straßen versinken in Matsch. Regentage sind Festtage für mein Gemüt.

Ich arbeite an meiner Gesundheit. Wir alle kennen den Spruch vom täglichen Apfel und dem Doktor. Es gibt ein einfaches Rezept, wie ein afrikanischer Apfel garantiert nur gesund hält, und nicht krank macht. Den Apfel eine Viertelstunde in Eau de Javel (Wasser mit etwas Bleiche) einlegen, schon ist er sicher. Eau de Javel eignet sich übrigens auch hervorragend, um uralte Blutflecken oder frische Schokoladenerdnussaufstrichflecken von weißen T-Shirts zu entfernen. Fußnote: Lisa isst ihre Äpfel ohne Behandlung, bisher ohne Folgen.
Zum javelisierten Apfel aus der Elfenbeinküste esse ich mit südafrikanischem Apfelsaft besprenkelte Cornflakes aus Deutschland. Alles nette Artikel aus Ziguinchor.

Ich habe Muskelkater in Armen und Oberschenkeln aus zwei Gründen (ich habe heute diesen Ordnungstick). 1. Dem Sport Wäschewaschen, der umso beglückender ist, wenn vor dem letzten Spülgang das Wasser abgestellt wird, oder es einfach so wegbleibt. 2. Der afrikanischen Toilette (ohne weitere Ausführung).

Ich schätze es ist ein guter Zeitpunkt, diese Eingewöhnung langsam abzuschließen, denn gestern ruft die Direktorin, Molly Melching (Interview mit ihr in der Sidebar verlinkt), aus Dakar an und umreißt uns unseren Arbeitsauftrag. Sie geht gut auf uns ein und lässt Freiheiten. Sie will keine kalten Berichte, sondern dass wir das Leben und die Arbeit der Organisation mit den Augen eines Europäers, der Afrika nicht kennt, einfangen.

Ein frischer Schwung Energie floss in das Büro, Mrs. Melching hat eine umwerfende Art, Leute mitzureißen. Sie ist das Gehirn und Herz dieser Organisation. Selbst Lisa, die nicht die Angewohnheit hat, wie ich zu leicht über Arbeit in Aufregung zu verfallen, leuchteten die Augen. Ich werde davon erzählen.

Da war doch noch ein Punkt 2, das Seminar. Ein bisschen Mühe hat es mich schon gekostet, zu lernen, satte acht bis neun Stunden an einem einsamen Ort zu verbringen, mit unbequemen Stühlen, in der Hitze. Doch es ist eine sehr angenehme, anregende und entspannte Zeit geworden. Das Seminar dauert zwei Wochen, beackert die Themen Gesundheit und Hygiene, und bereitet knapp 30 Tostan-Lehrer (Facilitatrices et Facilitateurs) auf ihre weitere Arbeit in den Dörfern vor. Pausen gibt es nur zum Essen, beten und Fußball gucken (der Senegal hat sich leider nicht für die WM 2006 in Deutschland qualifiziert, trotz eines 3:0 Sieges gegen Mali heute). Nach dem Seminar geht es direkt wieder in die Dörfer. Die Arbeitsmoral ist bemerkenswert. (in Diskussion mit dem Koordinator von Tostan, unserem Gastgeber, Bacary Tamba)

Insbesondere auch deshalb: Der Monat des Ramadan ist vor drei Tagen angebrochen, die Mehrzahl der Seminarteilnehmer fastet, das heißt, kein Essen, kein Trinken bis Sonnenuntergang. Es ist eine anstrengende Zeit, aber danach gefragt, bekomme ich wiederholt entschiedene Antworten. Auch wenn der Grund für die Empfehlung des Koran nicht unbedingt bekannt ist.

Was treibe ich dort? Ich sitze. Ich lese. Das Tostan-Lehrbuch, Zeitschriften, das französische Buch eines senegalesischen Autors. Seit Neustem helfe ich sogar in der täglichen Arbeit aus. Ich lasse mich in Diola unterrichten, und unterhalte mich mit den so vielfältigen Leuten. (Bei einer Diskussion...)

Insbesondere mit dem Koordinator, Bacary. Er verdient noch ein eigenes Kapitel, eine unglaubliche Figur. Eine Lichtgestalt. Wenn er loslegt, biegen sich die Balken. Er versteht meine ungeschickt gestellten Fragen, bevor ich den Mund aufgemacht habe, und beantwortet sie mit Nachdruck.

Ca marche, le français, petit à petit, wir machen täglich Fortschritte. Schade ist, dass die Leute untereinander Diola sprechen. So entgeht uns die Chance, Französisch aufzuschnappen. Auf der anderen Seite sind Gesprächspartner immer leicht zu finden und das hilft enorm.

Es ist schön in dieser engagierten Gruppe Senegalesen. Ich versuche, nicht nur Gast zu sein, der wie ein König bedient und verpflegt wird – wie leicht kann man sich daran gewöhnen! – ich versuche, mich einzubringen, verrichte Arbeiten, die noch hauptsächlich Frauensache sind, wie das Essen auftischen, oder Brötchen schmieren. Am Anfang habe ich damit einiges Erstaunen geerntet.

Meine letzte Anekdote des Tages sei, dass uns alle um unsere PET-Wasserflaschen beknien. Inzwischen könnte ich eine Liste führen, wer die nächste leere Flasche bekommt. Bei einem Preis rund 330 CFA, knapp 0,50 Euro pro Flasche im Sechserpack kein Wunder. Zu dem Preis erhalte ich auf der Straße Biskuites für einen ganzen Tag, für schon 1000 CFA kann sich ein Senegalese spielend einen Tag lang ernähren. Das Wasserunternehmen kann sich freuen.