Donnerstag, September 29, 2005

Seit Vier Wochen bei den Baobabs...

Heute bleibt mir nur Zeit für ein kurzes Hallo aus Bignona. Wir haben es tatsächlich aus dieser Stadt Kolda weg geschafft. Der Regen hat uns in Bignona erwartet, aber das war kein Problem, er mäßigt die Temperatur. Die Hitze scheint selbst am Mittag viel erträglicher zu sein als in Dakar. Das Tostan-Büro ist nicht weit vom Gare Routière oder der Garage, wie sie hier sagen, und wo wir ankommen, entfernt, kaum dreihundert Meter. Wir sind im Tostan-Büro einquartiert. Im Moment gibt es hier eine große Konferenz, auf der die Tostan-Lehrer, die in die Dörfer gehen und dort unterrichten, ausgebildet werden, deswegen ist ein Zimmer belegt. Lisa und ich teilen uns eins. Wir haben beide Moskitonetze über unserem Bett installiert, eine große Hilfe. In Kolda war dafür nichts vorgesehen, deswegen hing mein Teil total schief, vor Moskitos war ich bei genügend Beinaktivität nicht sicher, und viel Luft passte auch nicht drunter. Es kann dann recht schwül werden. Hier ist das besser. Leider ist das Zimmer recht dunkel, das Licht wird von Bäumen und einer Duschhütte ferngehalten, hoffentlich werden wir nicht depressiv. (Das Bild, eine kleine Erinnerung an Dakar, ist doch so typisch für die Farben diesen Landes.)

Zumal der Strom recht oft ausfällt, vor allem, schwierig zu raten, bei Regen. Die Regenzeit dauert noch bis Mitte Oktober, dann soll es abkühlen. Die Wasserversorgung soll stabil sein, allerdings werde ich morgen früh aufwachen und ein Beispiel des Gegenteils erhalten. Die einzige Toilette, die nicht verstopft ist, ist auf dem Hof und African Style, aber sie ist beleuchtet und in einem kleinen Raum; angenehmer als in dem Dorf, wo uns die Luftigkeit immerzu umgab, bei Tag die Sonne knallte, bei Regen sich der Untergrund verselbständigte, bei Nacht man besser eine Lampe zur Hand hatte.

Wir lernen jetzt Brocken der dritten Sprache seit unserer Ankunft. In Dakar war es Wolof, bei unserem Zwischenstopp in Kolda (samt Dorf) Puular, jetzt ist es Diola. Die Diola als ethnische Gruppe sind für ihre Zähigkeit berüchtigt, mangels Hierarchisierung der Gesellschaft hatten die Franzosen einigen Ärger mit ihnen. Wir haben nach der Dürreperiode in Kolda die letzten beiden Tage gegessen wie nach einem Marathon. Ich vor allem. Das Essen ist so lecker, wir dürfen uns der Konferenz anschließen, zweimal am Tag. Von der Art des Tostan-Büros Dakar, nur noch einen Tick leckerer. Wir hatten Fisch, Kartoffeln, Weißkohl, Meeresfrüchte, Fleisch, Chili und natürlich viel Reis. Wahnsinn. Ich weiß nicht wie ich in Kolda überleben konnte. Dort war das Mittagessen immer Reis mit Fleisch, ich habe davon berichtet. Das Abendessen fiel dann aus, oder es gab kaltes Dosengemüse. (Ich muss dieses Bild einfach nachreichen. Es zeigt Pape, der uns nach Kolda begleitet hatte, beim Mixen von Ataya auf dem Balkon des Tostan-Büros in Kolda. Ataya, der grüne Tee, wird auch im Süden fleissig getrunken.)

Hier scheint nur die Internetsituation ungünstig zu sein. Wir haben eine Grundschule aufgetrieben, die zwei Computer am Laufen hatte. Doch die Anbindung ist schlecht, kein Breitband, deswegen kosten 30 Minuten 500 F CFA, fast 0,80 Euro. Hoffentlich wird sich das bessern. Wir haben auf der Suche nach einem Cybercafé einiges von Bignona gesehen heute, es gibt Reisfelder in der Umgebung, viele Palmen, leider ist gerade keine Mangosaison (nur Bananen…), viel grün und feucht ist es. Auf dem Markt bei der Garage gibt es guten Kaffee Touba.

Wir fahren morgen früh nach Ziguinchor, die regionale Hauptstadt, Touristadt, ich habe gute Hoffnungen auf gute Cybercafés und Schokolade, richtigen Saft, vielleicht French Fries (wie ordinär von mir), neue Cornflakes und, ich will nicht zuviel erwarten, Apfelbrei. Wir müssen diese freien Tage genießen, Molly (die Tostan-Direktorin) hat ja einiges mit uns vor, demnächst beginnt ein Dorfbesuch-Marathon. So viele ehemalige Unicef-Tostan-Dörfer wie möglich, heißt der Auftrag, es gibt deren 20. Zusätzlich zu den 20 aktuellen. (Unsere Fahrt im sept-places nach Kolda. Dies ist an dem Tag, als unser Auto kein Licht hat und wir deshalb fünf Stunden vor Kolda in einer anderen Stadt, Tamba, Zwischenhalt machen müssen.)

Unsere Anfahrt von Kolda war weitgehend ereignislos, außer dass wir ein Schaf auf dem Dach transportiert haben. Das arme Ding hat die ganze Fahrt lang gemeckert in seinem Reissack, kam aber gut an. Der Hahn im Kofferraum hat den Mund gehalten. (Hoffentlich hatte er nicht vor Schreck ein Ei gelegt…) Nun, während ich die letzten Cornflakes in mich reinstopfe (wo kommt bloß noch der Hunger her?), entschuldige ich mich schon mal für diesen Chaos-random-pas-de-structure Eintrag, je suis fatigué, morgen müssen mer früh ’naus, scho so um sibbe, es hesselt, ich muss noch den Schweiß-Staub von mir runterwaschen. Gute Nacht, bon nuit, „Moraasu!“ (oder so ähnlich)…


Admin. Notiz: Endlich Bilder!!! Leider bin ich etwas langsam und kann deswegen noch nichts von Bignona zeigen; Lisa ist schneller ;) Ich habe in vergangen Einträgen Bilder hinzugefügt, v.a. zum Dorfbesuch und ganz unten ein blödes Bild der Mobil-Tankstelle in Dakar (Oase Tankstelle...) Wenigstens hat Pape jetzt ein Gesicht bekommen. D'accord...

Dienstag, September 27, 2005

Einige willkürliche Bemerkungen zu Kolda

Wir sitzen seit zwei Tagen in diesem Nest von Kolda fest, der Regen macht es uns unmöglich diese Stadt zu verlassen. Der Regen, der die Tage bis tief in den Nachmittag ziert, seitdem Lisa und ich uns genügend von unserem Dorfaufenthalt erholt haben und wieder reisefähig sind.

Achtung: Lisa hatte tonnenweise Bilder hochgeladen!!! Das Cybercafé ist heute gnädig mit uns. Da lohnt sich ein Besuch, ich habe sie an der Seite verlinkt. Werd auch mal mein Glück versuchen.

Genügend Zeit für einige unsystematischen Notizen.

Wir haben die freie Zeit zum Bücherlesen genutzt. (Ja wir haben auch gearbeitet, nicht nur relaxt. Unser Dorfportrait ist fast fertig und die französische Übersetzung gewinnt schon an Form.) Ein respektabler Zeitvertreib wie ich finde. Ich habe das exzellente Buch von Henning Mankell "Der Chronist der Winde" gelesen, ein wunderbares Werk über das Leben von Strassenkindern. Im Senegal ist die Lage längst nicht so dramatisch wie in Nairobi, dem Schauplatz, die Perspektive der Kinder auf die ausländischen Entwicklungshelfer ist trotzdem köstlich. Sie kaschieren ihre Angst "vor all den schwarzen Menschen", fahren am Wochenende zum Bräunen an den Strand, tragen ihr Geld in kleinen Täschchen sichtbar an ihrem Gürtel. Ganz fremd sind uns derartige Ideen nicht...

Ich wurde mehrfach gefragt, ob ich verheiratet sei. Wie sei das möglich, dass nein? Und Lisa ist nicht meine Frau? Unvorstellbar!

Gestern beim Friseur (selbstgelernt!) habe ich für eine geschlagene halbe Stunde Arbeit den lächerlichen Betrag von 1000 F CFA bezahlt. Das ist der Gegenwert eines (zugegeben überteuerten!) Wasserkanisters (5l), oder drei Dosen Cola, oder einer halben Tüte Cornflakes (hier: 1700 CFA), drei Päckchen Cookies. Ich hatte ein total schechtes Gewissen.

Waren wir heute Mittag erfreut, dass sich das Gericht in unserem Standardrestaurant verändert hatte. Die letzten zwei Tage immer: Reis mit Lamm oder Hähnchen. Kaum bis kein Gemüse aus einem unerfindlichen Grund (es gibt einiges auf der Strasse!). Heute sollte es eine Erdnusssauce mit Fleisch geben. Doch wir wurden enttäuscht. Das Fleisch war zu 90 Prozent Fett und Knorpel. So viel zu unserer Abwechslung hier...

Immer kam ich endlich wieder mal zu einem Kaffee! Leckerer Nescafé mit Zucker.

In dieser Stadt gibt es keine Bitterschokolade. Auch keine French Fries. Ich kann Bananen nicht mehr ausstehen. Die Cornflakes hängen mir zum Hals raus. An einem einzigen Gasherd irgendwas zu kochen ist mühselig. Äpfel vor sich zu sehen und nicht essen zu können, weil ein Bleichmittel zur Desinfektion fehlt, ist reine Folter. Ich werde sicherlich Gewicht verlieren, schief.

Ich beende meine Weinstunde jetzt. Wir hoffen auf morgen und die Abreisemöglichkeit nach Bignona. Dort soll alles besser werden...

Sonntag, September 25, 2005

Besuch eines Dorfs: Jenseits von Handy und French Fries

Inzwischen sind Lisa und ich wieder auf dem Weg der Besserung. Ich bin fast vollständig wieder bei Kräften, nur mein Magen macht mir noch ein wenig zu schaffen. Lisa ist noch nicht ganz so weit, aber die Fortschritte sind sichtbar. Pape ist gestern zurück nach Dakar gefahren, er hatte sich eine Knieverletzung zugezogen und litt unter Übelkeit, Schwindel. Seit unserer Rückkehr aus dem „Tostan-Dorf“ Maayel Roundé am Freitagnachmittag bestand unser einziger Auftrag darin, uns zu erholen. Solange, bis wir fit für die Weiterfahrt nach Bignona sind. Ich hoffe, morgen ist es endlich soweit. Ich habe genug gesehen von Kolda.

Der Besuch eines traditionellen senegalesischen Dorfs

Um dies gleich vorweg zu nehmen, hat uns unser Aufenthalt einigen Schweiß gekostet. Ich lag zwei Tage mit Fieber und Durchfall im Bett und konnte so nur begrenzt am Dorfleben teilnehmen. Ob ich mir eine Lebensmittelvergiftung eingefangen habe und gleich am ersten Tag von dem Fisch umgehauen wurde, ich weiß es nicht. Es ist normal, dass Fremde Schwierigkeiten mit dem Essen und dem Wasser in Dörfern haben, es braucht einige Umstellung. Unsere Umstellung war heftig. Lisa hatte sehr viel stärkeren Durchfall noch und am vierten Tag Fieber wie ich zuvor. Pape kam mit dem Essen zurecht, allerdings stürzte er auf dem Weg in die nächste Stadt vom Fahrrad und schlug sich das Knie auf. Er übergab sich noch am selben Tag und beklagte sich in der Folge über Übelkeit, Kopfschmerzen, Gehschwierigkeiten. Er war auf dem Weg gewesen, den Koordinator zu bitten, uns wegen meines Fiebers früher abzuholen. Dann kam das Schlagloch. Seine Begleitung tötet eine sich nähernde Schlange. Pape wollte nach diesem Aufenthalt nur noch nach Hause. Hier in Kolda sah er keinen Weg zur Besserung mehr.

Kurzportrait des Dorfes
Maayel Roundé
liegt 140 km von Kolda entfernt und ist mit einem Auto innerhalb von knapp drei Stunden zu erreichen. Unser Empfang ist warm und begeistert. Tostan scheint in diesem Dorf ein klangvoller Name zu sein. Die Menschen gehören der ethnischen Gruppe der Puular an, was auch ihre Sprache ist. Strom oder fließend Wasser gibt es nicht, Handyempfang Fehlanzeige, die Dorfbewohner verfügen über kein Auto oder Motorrad, nur Fahrräder. Kurz, dieses Dorf ist von der Zivilisation abgeschnitten. Die Bewohner leben in Lehmhütten mit Strohdächern, die bei Regen – und der ist zu dieser Jahreszeit häufig und heftig, wir hatten großes Glück, dass uns dieses Erlebnis erspart blieb! – abgedeckt werden können, mindestens aber wasserdurchlässig sind. Es gibt 18 Hütten für 145 Einwohner, darunter etwa 80 Kinder. Ihr Wasser holen sie sich aus einem Brunnen. Toiletten sind inzwischen einige wenige eingerichtet worden. Gemeint sind damit Löcher, die die Öffnung zu einer ausgehobenen Grube darstellen. Die Ernährung besteht in erster Linie aus dem, was in der Umgebung wächst, sich fangen oder halten lässt, Mais, Maniok, Erdnüsse aus den Feldern, Fisch aus dem Fluss, Hühner, Schafe, Kühe und Ziegen aus eigener Haltung mit entsprechenden Produkten wie Milch und Eiern, Reis wird zugekauft. Baumwolle wird angebaut und verkauft, aber nicht für den Weltmarkt. (Die Leute verdienen ganz vernünftig daran.) Gemüse wie Zucchini, Auberginen oder Möhren ist eher etwas Besonders, das man Besuchern wie uns anbietet. An der Menge leidet das Dorf nicht, meinte der ansässige Grundschullehrer, Omar, zu mir, „mais, c’est la qualité“, an den Vitaminen, an der Abwechslung hapere es.

Gastfreundschaft auf Senegalesisch
Wir werden mit Essen eingedeckt. Den ganzen Tag. Dies ist Ausdruck der Gastfreundschaft. Unsere Rationen bei den Mahlzeiten reichen für sechs hungrige Männer. Einmal kommt unser Tutor, Baïlo Diallo, besorgt in unsere Hütte nach dem Abendessen, wir hätten so wenig gegessen, ob wir eine andere Mahlzeit wünschten? Wir schlafen in seiner Hütte, die als einzige im ganzen Dorf über eine angeschlossene Duschecke und Toilette verfügt. Gleich nach unserer Ankunft wird uns Wasser zum Duschen angeboten, das für uns aus dem Brunnen geholt wird. Die Schaumstoffmatratzen auf hartem Untergrund sind okay. In der Hütte gibt es neben einem Bettgestell und ein paar Bildern des Präsidenten nichts. Wenn wir es ausgenutzt (oder: ausgekostet) hätten, wir hätten wir uns vier Tage lang bedienen lassen können.

Die Sprachbarriere
Es ist eine unheimlich ungewohnte Situation, kaum eine Möglichkeit zu haben, mit den Menschen zu kommunizieren. Wir fühlen uns gerade anfangs sehr hilflos. Drei Leute sprechen lediglich Französisch, darunter unser Tutor Baïlo, sie sind unser Medium, wie wir mit den Dorfbewohnern sprechen können. Selbst Pape hat kaum einen Weg, sich auszudrücken, weil seine Sprache, Wolof, im Senegal zu 80 Prozent verbreitet, nur von einem jungen Mann gesprochen wird. Unsere Versuche, einige Brocken Puular zu lernen, werden mit Begeisterung aufgenommen. Weit kommen wir allerdings nicht.

Das Projekt Grundschule
Seit etwa drei Jahren gibt es die erste Grundschulklasse in der Geschichte des Dorfs. Sie ist das Ergebnis der Arbeit eines Peace Corps Volunteers. Alle Altersgruppen bis 14 Jahre sind in einer Klasse, da kaum jemand zuvor über Schulbildung verfügte. Der Unterricht läuft von circa November bis Juli, wie der Regen es zulässt. Im Moment plant die Dorfgemeinschaft den Bau eines befestigten Schulhauses, denn im Moment reißt der Regen die Einrichtung aus Stöcken und Stroh noch Jahr für Jahr wieder auseinander. Omar, der Lehrer, selbst kommt aus einer anderen Region, spricht aber Puular, und muss für seinen Unterricht immer in zwei Sprachen recherchieren, damit er notfalls in Puular aushelfen kann, wenn seine Schüler ihn nicht verstehen. Denn der Unterricht läuft von Anfang an auf Französisch ab. Der Lehrer ist ein angenehmer junger Senegalese mit einer ruhigen Art. Er erzählt mir, dass die Lehrerausbildung im Senegal für sein Niveau neun Monate dauert, direkt nach dem Bac (Abitur) ansetzt und das Einstiegsgehalt bei 50000 F CFA liegt, rund 76 Euro. Dafür, dass er sich selbst versorgen und immer wieder bei Problemen im Dorf aushelfen muss, sei das nicht viel. In den Augen der Dorfbewohner verfügt er jedoch über viel Geld, meint er.

Die Arbeit von Tostan
Das Tostan-Programm läuft seit etwa einem halben Jahr. Im Moment durch die Regenzeit unterbrochen, können die Dorfbewohner die Fortsetzung des Unterrichts kaum erwarten. Im Gegensatz zur Grundschule ist die Unterrichtssprache Puular. Bei einem der wenigen Gespräche, die ich wegen meiner Erkrankung leider nur führen konnte, möchte ich wissen, ob es Widerstände gegen die Bewerbung bei Tostan gegeben habe. Doch auch als ich beharre und hervorhebe, welch große Entscheidung es ist, sich eine NGO ins Dorf zu holen, bleibt die Antwort „Non!“. In einem Nachbardorf, wird berichtet, hätten einige Männer jedoch Widerstand geleistet.

Tostan liegen momentan mehr Bewerbungen von Dörfern für sein Grundbildungsprogramm vor, als es mit seinen finanziellen Kapazitäten bedienen kann.

Eine der unmittelbaren Folgen der Tostan-Kurse ist fast (?) immer, dass sich das Dorfbild verschönert, weil die Bewohner mehr auf Sauberkeit achten, ihren Müll nicht mehr in alle Ecke schmeißen und sauber machen. Nachdem wir auf unserer Fahrt von Dakar nach Kolda Zwischenstopp in einigen Dörfern gemacht hatten, weiß ich diesen Umstand zu schätzen. Normal sind kleine Müllberge, die mit Fliegen und anderen Insekten überseht sind. Ich war erstaunt, in dem Dorf nur ein einziges Mal gestochen zu werden. Müll ist nur ein Punkt, da die Umgebung jedoch feucht ist, hatten wir durchaus mehr Moskitos erwartet.

Das Thema, welches uns ganz besonders interessierte, war die Beschneidung von Frauen. Die Puular praktizieren FGC (siehe vorangehenden Eintrag „Kurze Bemerkung zum Thema Female Genital Cutting“), im Gegensatz zu den Wolof in der Dakar-Gegend. In Maayel Roundé ist die Praxis jedoch bereits am Aussterben. Von den jüngeren Mädchen war offenbar keins beschnitten. Unser Tutor Baïlo erklärte, er habe seine Töchter nicht beschneiden lassen schon bevor das Ende von FGC dorfweit Anerkennung fand, um eine Vorbildfunktion einzunehmen.

Wie Baïlo, kaum 50, Aussehen aber wie 70, davon spricht, bewundere ich seine offensichtlichen Eifer, sein Dorf positiv zu verändern, und kann ihn nachvollziehen, wenn er uns auffordert, sein Dorf bald wieder zu besuchen, damit wir die Fortschritte begutachten können. Sein Eifer passt gut zu seinem Optimismus, dem Optimismus der Menschen hier. Ich konnte ihm nie verübeln, wenn er mich am Bett nach meinem Befinden fragte, ich antwortete, wie ich fühlte, „nicht besser“ und er aber meinte, ob es denn wenigstens ein bisschen gehe. Dies rang mir immer ein Lächeln ab und ich sagte dann, wie es dort üblich ist, „Peut-être un peu“ und wiederholte sein „Ca ira!“ (Das wird wieder.) Auch wenn die Lage nicht gut ist, das kann die Gesundheit sein, die wirtschaftliche Lage, die Leute, das habe ich auch schon anderorts beobachtet, betonen, dass es trotz allem geht und glauben an Besserung.

Uns stehen noch eine Reihe solcher Dorfbesuche bevor, denn hier findet die eigentliche Arbeit von Tostan statt. Im Moment klingt das noch erschreckend. Aber ich vertraue auf die Erfahrung, die zeigt, dass die ersten Besuche immer schwierig und anstrengend, ja auslaugend sind. Ich reflektiere nicht weiter, ich lasse die Eindrücke auf mich wirken. Einordnen lernt man die Dinge ohnehin immer erst, wenn man sie vergleichen kann.

Kurze Bemerkung zum Thema Female Genital Cutting

Tostan spricht von l’excision oder Female Genitale Cutting (FGC) und vermeidet damit die üblichere Bezeichnung FG Mutilation, die auch von Unicef verwendet wird. (Ich werde von FGC sprechen und mich um ein gradliniges Argument bemühen, denn mir bleibt noch viel Raum der Entdeckung in diesem Thema.) Der Grund ist folgender. Mutilation, oder Verstümmelung, ist wertend, verurteilend. Hielte Tostan den Müttern in den Dörfern jedoch vor, sie verstümmelten ihre Töchter, würde sich Tostan jedoch nicht nur erstens anmaßen, eine alte afrikanische Tradition von außen zu verurteilen, sondern zweitens einige Unverständnis und Abwehr ernten, weil der Grund für die Mütter und Familien für FGC nicht die Verstümmelung, sondern die Möglichkeit zur Verheiratung ihrer Töchter ist. Welche Erklärung dem wiederum unterliegt außen vor, ist Heirat der einzige Weg zur wirtschaftlichen Absicherung einer Frau.

Der Weg, den Tostan beschreitet, geht nun nicht über persönliche Anklage, sondern über die Veränderung gesellschaftlicher Kodizes. Wenn, so die Idee, sich ein ganzes Dorf samt aller Nachbardörfer dazu entschließt, in Zukunft auf FGC zu verzichten und dies in einer öffentlichen Zeremonie unter Anwesenheit von Verwandten, religiösen Führern, ehemaligen Beschneidern und Journalisten geschieht, dann ist praktisch vom einen auf den anderen Tag kein Beschneidung mehr notwendig, um als Frau „verheiratbar“ zu sein. Dies soll durch Aufklärung über Menschenrechte (insbesondere das Recht auf Körperliche Unversehrtheit) und Grundfragen der Anatomie und der Gesundheit erreicht werden.

Tostan war damit in den letzten sieben Jahren unglaublich erfolgreich. Ohne mit dem Ziel angetreten zu sein, dem Female Genital Cutting ein Ende zu bereiten, haben seit 1998 rund 1500 Dörfer diese Praxis abgeschafft. Das sind rund ein Drittel der Gemeinden, die im Senegal FGC praktizieren.

Sonntag, September 18, 2005

Un voyage mouvementé de Dakar vers Kolda

Der laute Klang eines Lautsprechers weckt mich. Ich halte es für den über Megafon verbreiteten Gesang eines Muezzins, zumal sich die kurze Strophe endlos zu wiederholen scheint. Die Quelle kann ich nicht zuordnen, sie scheint überall und nirgends zu sein. An Schlafen ist nicht mehr zu denken. Ich habe keine Ahnung, dass es erst gegen 8 Uhr ist, weil ich die einzige Uhr in der Umgebung, mein Handy, nicht aufstöbern kann. Acht Stunden ist eine erstaunlich kurze Dauer Schlaf in Anbetracht des Reisemarathons, den wir in den letzten drei Tagen hinter uns gelegt haben, Lisa, Pape und ich. Ich gehe davon aus, dass es gegen 11 Uhr ist. Lisa attestiert mir einige Augenränder, wie gestern schon. Das Treiben auf den Straßen ist an diesem Sonntag bereits sehr rege. Ich schnappe mir mein Duschzeug und gehe ins Bad, dessen aufdringlicher Geruch von Fäulnis sich über Nacht kein bisschen verflüchtigt hat. Ein seltsamer Zustand für das Bad eines Tostan-Büros. Bisher waren mir die Tostan-Unterkünfte immer positiv aufgefallen, in Dakar, Thiès und Tamba, auch wenn sie keine Vier-Sterne-Hotels sind. Hier in Kolda ist es nun weniger erfreulich. Ich drehe am Wasserhahn der Dusche und werde enttäuscht, offenbar ist die Versorgung unterbrochen. Hätte ich mir eigentlich denken können, nach dem Wolkenbruch gestern Abend, den wir auf dem Balkon des Büros fasziniert miterlebt hatten. Kolda scheint da nicht anders zu sein als Dakar. Immerhin kommt etwas Wasser aus dem Hahn am Boden, so kann ich mich ein wenig vom erkalteten Nachtschweiß befreien.

Da ich weder Frühstück noch Trinkwasser vorrätig habe, entschließe ich mich, eine Runde über den Markt zu drehen. Lisa sagt mir, eine Fruchtart anders als Bananen mitzubringen. Von denen hatten wir die letzten Tage reichlich. Doch leider habe ich kein Glück, ich merke schnell, Kolda ist doch nicht Dakar. Bananen, Erdnüsse, Kokosnüsse, Feigen, Maniok, Yam, Gurken und eine Reihe mir unbekannter Gemüsesorten sind das einzige, was mir auf der Straße begegnet. In Dakar sind Äpfel oder Papayas leicht zu finden. Das gleiche gilt für Säfte, die zwar teuer, aber immerhin verfügbar sind. Anders hier. Ich entschließe mich schließlich wieder für Bananen (250 CFA für ca. 500g für, etwa 0,40 Euro) und eine Tüte Feigen, die ich allerdings schnell entsorge, als mir beim Genuss der vierten Feige ein Käfer entgegen krabbelt.

Als ich so am Markt entlang schlendere, kann ich die vielen Blicke auf mir spüren. Pape oder Mariama (die Sekretären im Dakar-Büro) würden sagen, dies kommt, neben der Hautfarbe, durch meine Frisur, die angeblich jede senegalesische Frau anspricht. Ich hatte mich eigentlich nur auf ihren Vorschlag eingelassen, mir einen richtigen senegalesischen Hairstyle zu verpassen. Aber wie dem auch sei. Wenigstens kann ich hier von schlendern reden, denn anders als in Dakar ist es tatsächlich möglich, sich ruhig die verschiedenen Stände anzusehen. In Dakar wird man auf den Märkten von Händlern förmlich überrannt. Die Atmosphäre ist sehr viel entspannter und ich genieße es.

Am Eingang des Büros begegne ich dem lokalen Tostan-Koordinator. Er begrüßt mich lachend mit „Ca va bien?“, „Oui, ça va…“ Er ist gerade auf dem Weg in das „Tostan-Dorf“ (immer in Gänsefüßchen, natürlich sind es eigenständige Dörfer, die der Einfachheit wegen diese Bezeichnung von uns bekommen), das wir drei für vier Tage besuchen werden. Morgen soll es losgehen. Wir werden heute Abend noch darüber reden, um auf das Dorf-Leben und unsere Arbeit, ein Portrait schreiben, gut, oder wenigstens ausreichend, vorbereitet zu sein. Wir waren heilfroh, als er uns gestern bei unserer Ankunft sagte, wir sollten uns ruhig noch einen Tag entspannen, bevor es weitergeht.

Das hatten wir uns sofort zu Herzen genommen. Zweimal waren wir senegalesisch essen, Mittag und Abend, in einem Restaurant, das aus der Wohnung der Familie bestand. Die Zwischenzeit vertrieben wir uns im Cybercafé und beim Bildergucken und Teetrinken. Oder sollte ich lieber sagen: Teekochen. Wenn man hier zum Ataya eingeladen wird, besteht die meiste Zeit aus warten. Warten, dass wieder eine Runde kleinster Schnapsgläser süßer grüner Tee fertig wird. Natürlich sollten wir gestern nicht nur warten. Stattdessen führte uns Pape in die Kunst des Atayakochens ein. Er demonstrierte die erste Runde, dann folgten ich und schließlich Lisa. Besonders das Mischen erfordert etwas Übung, und es war vermutlich Pape, der unsere mangelnde Übung ausbadete, indem er einmal auf seinen Anteil verzichtete. Wir hatten zu viel verschüttet.

Am Abend laufen wir erneut dem Koordinator über den Weg, er ist in Begleitung eines Tostan-Mitarbeiters auf der Durchreise nach Guinea. Mir gefällt sein Boubou. Wie wir es von Pape gelernt haben, spreche ich höflich ein Kompliment aus. Doch er blickt mich fragend an. Ich wiederhole „Mangi ci Mbouboubi!“, doch ernte nur Unverständnis. Jetzt bin ich selbst baff. Es ist der Koordinator, der die Situation von uns allen am schnellsten erfasst, auflacht, und seinem Kollegen auf die Schulter klopfend mein Kompliment auf Französisch übersetzt. Jetzt lacht dieser selbst. Was war passiert? In der Eile war mir entfallen, dass uns der Kollege von seiner Herkunft, Mali, einem Nachbarstaat des Senegal, erzählt hatte. In Mali gibt es nur eine winzige Wolof-Gemeinde, verbreitet wie im Senegal ist die Sprache dort aber nicht. Obwohl er schon eine Weile im Senegal arbeitet und studiert, helfen mir meine winzigen Wolof-Kenntnisse bei ihm kein Stück weiter. Geschmunzelt haben wir trotzdem alle und Papes Augen funkelten…

Mein Durst ist immer recht drangvoll, hier im Senegal erreicht dieses Gefühl jedoch, wenig überraschend, neue Höhen. Die erste Flasche habe ich jetzt gegen Mittag schon geleert. Ich hatte sie gerade heute Morgen gekauft, 500 CFA für 1,5 Liter. Wir haben bei diesen Preisen nicht schlecht gestaunt. Ein Fünf-Liter-Kanister kostet in Kolda 1000 CFA, etwa 1,50 Euro, und damit 400 CFA mehr als in „unserer“ Superette in Dakar. Die Händler erklären das mit den hohen Transportkosten aus Dakar, dem teuren Benzin, die sie tragen müssen. Pape hatte extra kritisch nachgefragt, um uns davor zu schützen, Opfer sprunghafter Inflation zu werden, oft beobachtet beim Erscheinen von Europäern oder Amerikanern.

Dieses Argument leuchtete uns ein. Denn da hatten wir ja selbst eine Erfahrung gemacht… Unser Reise von Dakar nach Kolda. Ich will sie kurz umreißen, sie ist einige Bemerkungen wert.

Der Plan

Ursprünglich sollten wir am Freitag früh aufbrechen, um nach etwa 14 Stunden Fahrt in einem sept-places in Kolda einzutreffen.

„Flucht“ aus Dakar

Daraus wurde jedoch nichts. Wir mussten überraschend schon am Donnerstagabend aufbrechen. Ich habe dazu einige Bemerkungen gemacht. Hätte ich nicht noch am Morgen meine ganze Wäsche eingeweicht, die ich dann über den Tag beim Ministerium und Alitalia vergaß, wäre der Stress wahrscheinlich nur halb so groß gewesen. Meine Hochgeschwindigkeitstrockenversuche mit dem Bügeleisen schlugen allesamt fehl. Der Chauffeur hupte vor unserem Apartment. Ich saß in der letzten Ecke des Jeeps. Wegen einer Überschwemmung auf der einzigen Straße von Dakar nach Thiès, wo wir übernachten sollten, gibt es Stau. Die Straße ist gesäumt mit Händlern wie üblich. Als wir die Stelle der Überschwemmung passiert haben, übrigens in einem Rechts-Überholmanöver an der Polizei vorbei, die eine satte Ladung Wasser in ihren halb ertrinkenden Kleinwagen serviert bekommt, ist der restliche Weg ereignislos. Ich bestaune den Sonnenuntergang und die überall präsente Maggi- und Nescaféwerbung. Ich zähle mehr Total- und Shell-Tankstellen, als ich Finger an einer Hand habe. Unser Empfang ist schlicht, Lisa und ich machen einen Spaziergang durch die klare Nacht, atmen die frische Luft ein, und besorgen uns Gemüsekonserven für das Abendessen. Ich bin wegen der anstehenden langen Fahrt in einem mir unbekannten Transportmittel aufgeregt.

Thiès nach Kolda über Tamba

Ich will gleich vorwegnehmen, dass aus Kolda an diesem Freitag nichts mehr wurde. Wir wurden zu einer Zwischenstation im Tostan-Büro Tamba gezwungen. Als wir an diesem Morgen gegen 11 Uhr am Reisebahnhof in Thiès ankommen, ist das sept-places nach Kolda bereits abgefahren. Dabei hatten sich Lisa und ich beeilt! Um 8.30 Uhr sind wir im Tostan-Büro Thiès, dort wartet bereits Pape, seit 7 Uhr, wie er sagt. Er hatte die Nacht mit seiner Familie auf einem muslimischen Fest durchgemacht. Ich bewundere seine Geduld. Wir benötigen nur unsere Reisekostenerstattung, doch aus unnachvollziehbaren Gründen warten wir darauf über eineinhalb Stunden. Üben uns in afrikanischer Gelassenheit, Lisa verschweigt ihr Unverständnis jedoch nicht. Ich bin ein bisschen gleichgültig, Kolda läuft nicht weg, und ich spüre die Nacht im warmen Zimmer und das Reisefieber in den Knochen.

Vor der Abfahrt benötigen wir Frühstück. Wir werden unplanmäßig vom gleichen Taxi zur Tankstelle und zurück zum Bahnhof gefahren, weil der Kofferraum mit unserem Gepäck drin klemmt, als wir auspacken wollen. Am Fahrtpreis ändert das jedoch nichts. Kleine Probleme bei der Erbringung der Serviceleistung sind hier kein Grund für Kostenminderungen, wie wir später am Tag noch eindringlicher erleben sollen. Der Bahnhof ist eher eine Mischung aus Markt und Bahnhof. Überall Händler, überall Busse und sept-places. Sobald man eintrifft, wird man von Fahrern überrannt, die ihr Fahrtziel anpreisen. Da die letzte Fahrt nach Kolda bereits aufgebrochen ist, müssen wir über Kaolack fahren. Pape wird in eine heftige Diskussion verwickelt, als er den Fahrtpreis verhandelt. Der Fahrer verlangt eine horrende Summe für unser Gepäck und verschweigt nicht, dass dies der Aufschlag für Europäer ist. Pape tut was er kann. Wir zahlen für die gesamte Fahrt bis Kolda, in drei Etappen, ca. 2000 CFA mehr als üblich, 13000 (knapp 20 Euro). Pape weiß sich zu behaupten, das ist sicher, aber die Fahrer wittern ebenso ihr Geschäft. Ich will nicht wissen, was Lisa und ich allein bezahlt hätten.

Als die Kiste voll ist, fahren wir ab, warten müssen wir nicht lange. Ein sept-places ist kein Kleinbus, wie ich erwartet hatte, sondern eher ein großer Kombi mit Sitzbank im Kofferraum. Ein amerikanischer Schlitten. Die Straße bis Koalack ist breit und eben. Dieser Streckenabschnitt ist ereignislos.

Abschnitt Kaolack – Tamba

Hinter Koalack ändert sich das Straßenbild radikal. Nachdem Pape dem Fahrer fast wieder an die Gurgel musste, um einen vernünftigen Preis auszuhandeln, lebt dieser sich auf der Straße voll aus. Die Schlaglöcher nehmen die Dimension von Einschlaglöchern an. Wir sitzen in der letzten Reihe, in der die Decke niedrig, die Sitzbank eingeengt ist. Ich verstehe bis jetzt nicht, warum uns die Achsen nicht gebrochen sind. Natürlich gab der Fahrer sein bestes. Die Straßen sind hier deshalb so breit, damit Fahrzeuge Schlangenlinien um die Kuhlen fahren können. Manchmal ist die Straße jedoch die Kuhle und dann setzt es Schläge. Der Gegenverkehr ist gering. Wir überholen zahlreiche Laster, manchmal links, manchmal rechts, je nach Schlaglochlage. Einige Male müssen wir abbremsen, weil Kühe die Straße passieren. Dörfer, die es zahlreich gibt, sind nicht unbedingt ein Grund, abzubremsen. Wir wenden Kollisionen mit einigen Radfahrern, die die Straße bei unserem Auftauchen unverschämterweise nicht sofort räumen, nur knapp ab. Zum Glück machen wir einige Pausen. Kommen wir in einem Dorf zum stehen, tauchen sofort ein Schwarm Kinder oder Frauen auf und preisen Bananen, Erdnüsse und kalte Getränke, in Tüten abgefüllt, an. Wir müssen dafür noch nicht einmal den Wagen verlassen.

Dann blasen wir weiter. Wie schnell, kann ich nur schätzen, ich habe hier noch nicht ein öffentliches Transportmittel, Taxi, sept-places, gesehen, dessen Geschwindigkeitsanzeige funktioniert hätte. Bei guter Fahrt waren es wohl so 90 km/h. Bei dieser Geschwindigkeit bekommt man bereits das Gefühl, zu fliegen, wenn man dennoch um Löcher wie bei einer Testfahrt herumkurvt oder durch sie hindurchknallt. Als es dunkel wird, sind wir immer noch rund drei Stunden von Kolda entfernt.

Und da gibt plötzlich unser Licht den Geist auf. Der Mond scheint hell, eine schöne klare Nacht, doch ohne Licht ist es zu gefährlich zum Weiterfahren. Wir entschließen uns, in Tamba bei Tostan die Nacht zu verbringen. Die übrigen Insassen steigen in ein car rapide, einen öffentlichen Bus, um, doch das fährt nicht bis Kolda durch. So fahren wir etwa zwei Stunden lang im Kreis, erreichen Tamba um 21 Uhr. Den Fahrtpreis bekommen wir weder erstattet noch vermindert. Wir bezahlen also bis Kolda und sind nur in Tamba. Es ist früh genug, um noch gemütlich essen zu gehen. Wir haben gegrilltes Rind mit Zwiebeln, Dibi, das wir mit unserer rechten Hand essen. (Zur Erinnerung, die linke Hand ist in diesem Kulturkreis für ein anderes Geschäft reserviert.)

Ich verschwende keine Zeit mit Spekulationen, was Lisa und ich gemacht hätten, wären wir allein in diesem sept-places stecken geblieben, ohne die Begleitung von Pape, der von dem Büro in Tamba weiß; stehen geblieben mitten im Busch, wo das Handy keinen Empfang hat, um Dakar anzurufen, und ich denke auch nicht darüber nach, wie die Fahrt weiter verlaufen wäre, hätte es gar geregnet wie gestern Abend, als Wolkenbruch, oder wenn auch nur der Mond weniger Licht gespendet hätte. Hätten wir die Nacht im Auto verbracht? Wer weiß das schon…

Am nächsten Tag setzen wir die Fahrt fort, noch mal knapp 4,5 Stunden. Ich bin erschöpft. Wenn die Stimmung am Vortag irgendwann ziemlich heiter war, ist sie an diesem Tag etwas gedrückter. Die Löcher und die Enge nerven mich. Konnte ich am Freitag voll und ganz in die Welt des „Chronisten der Winde“ (Henning Mankell) eintauchen, starre ich heute lieber aus dem Fenster. Aber es dauert zum Glück nicht sehr lang.

Wir erreichen Kolda gegen 14.30 Uhr. Treffen den Koordinator und beginnen zu relaxen bei senegalesischem Essen und Ataya. Irgendwann werde ich von einem Klang geweckt, den ich anfangs für einen Muezzin halte. Es ist Sonntagmorgen, in Deutschland finden die Wahlen zum Bundestag statt. Meine Stimme habe ich vor langer Zeit im Potsdamer Briefwahlbüro, es scheint, in einer anderen Welt, abgegeben. Ich habe, erstmals seit langem, das Bedürfnis nach Ruhe und Reflektion…

Donnerstag, September 15, 2005

Aufbruch aus Dakar

Es ist bei einem Praktikum mit der Senegal-NGO Tostan extrem wichtig, dass man einen kühlen Kopf behält, auch wenn sich die Pläne im Tagesrythmus ändern und man am Mittag vor dem eignetlichen Abfahrtstag erfährt, dass man doch abends schon aufbrechen muss.

Auf der Habenseite ist in unserem Fall zu verbuchen, dass Alitalia es immerhin heute geschafft hat, unsere Tickets umzubuchen, nachdem wir dort bereits einmal vor Ort waren, dann viermal angerufen haben, ohne den versprochenen Rückruf zu erhalten, und schließlich uns bei einem weiteren Besuch die Tür vor der Nase zugeschlossen wurde wegen Mittagspause. Fünf Minuten vor Pausenbeginn. Heute wurden wir begnadigt. Es war lediglich notwendig, die Umbuchungsgebühr von 32400 F CFA bar und passend zu bezahlen. Ich fühlte mich an die römische Metro erinnert, in der ein Ticket lediglich für par und passend 0,70 Euro zu erstehen war. (Anderfalls bitte schwarz fahren.) Jetzt halten wir das Ticket also in Händen, am 10. März 2006 hat uns Berlin wieder.

Mit unserer Aufenthaltsverlängerung hatten wir weniger Glück, der Minister persönlich müsse diese unterzeichnen und das dauere noch ein paar Tage. Immerhin mussten wir heute nicht durch drei Büros laufen. Wir werden ohne aufbrechen, lediglich mit Kopien. Das wird gut gehen In'schallah!

Wir brechen also etwas hastiger als erwartet auf, machen eine Nacht Zwischenstation in Thiès, das ca. 90 Minuten von Dakar entfernt liegt. Der einzige Grund dafür sind die Transportkosten, offenbar gibt es ein Problem mit der Transaktion oder mit dem Scheck, jedenfalls können wir und Pape unsere Erstattung hier in Dakar nicht bekommen. Pape, unsere senegalesische Begleitung, hat sich bereits dorthin auf den Weg gemacht. Er will noch seine (kranke?) Mutter besuchen. Morgen fahren wir dann weiter nach Kolda wie besprochen.

Durch unseren Zwischenaufenthalt umgehen wir nicht die Folgen eines kleinen diplomatischen Problems. Der Senegal und Gambia unterhalten nicht die besten Beziehungen. Wirtschaftlich steht der Senegal besser dar. Der Gambia versucht deshalb ein wenig von seinem Nachbarn zu profitieren, indem er auf dem Fluss Gambia Fährkosten von den zahlreichenden Durchfahrern aus dem Senegal erhebt. Der Weg durch das nur 30 km breite Gambia ist die einzige Verbindung zwischen der Hauptstadt und der Südregion des Senegal, der Casamance, seitdem es 2002 ein großes Schiffsunglück gegeben hatte, bei dem rund 1900 Menschen ertrunken sind. Der Gambia hat also sozusagen ein Monopol auf die Nord-Süd-Verbindung. Dies nutzt er durch regelmäßige Preiserhöhungen aus, und vor kurzer Zeit erreichte dies den Punkt, dass der Senegal die Fähre boykottierte. Somit gibt es keine Nord-Süd-Verbindung im Moment, und Reisende in den Süden müssen den Gambia, der sich 300 km in den Senegal hineinschlängelt, umfahren. Kolda liegt ungefähr vier Stunden vor Bignona. Da wir den Gambia nun ohnehin umfahren müssen, sparen wir also wenigstens das. Wir erwarten eine Fahrtzeit von circa acht Stunden von Thiès, die wir in eimem sept-place zurücklegen werden. So der Plan. On va voir.

Am gestrigen Tag habe ich mich von einem neuen Haarstyle überzeugen lassen, abends waren wir bei Mariama, der Sekretären von Tostan, zum Abendessen, es gab ein senegalesisches Hirsegericht. Mariama hat gerade Besuch von einer Französin, die hier zwei Monate ein Praktikum bei der Tageszeitung Le Matin macht. Sie hat beobachtet, dass das Französisch in den Zeitungen hier von sehr wechselhaftem Standard ist, von literarisch bis verquert innerhalb eines Absatzes. Die Regierungspartei scheint Druck auf kritische Journalisten auszuüben. In ihrer Redaktion zweifelt man die demokratischen Qualitäten des Präsidenten, Wade, an. Dabei gilt er in Europa als Afrikanischer Musterdemokrat.

Voilà dann wenden wir Dakar jetzt also für eine Weile den Rücken zu, ich bin gespannt, was uns auf dem Land erwarten wird. Bignona scheint nicht so übel zu sein, offenbar sind Cybercafés verbreitet. Sich in das Leben hier einzufinden ist mir sehr leicht gefallen, weil ich auf aufgeschlossene und hilfsbereite Freiwillige und ein ebenso aufgeschlossenes Tostan-Team gestoßen bin. Das hat mir sehr geholfen, mich mit den Regeln und Gewohnheiten zu arrangieren. Die Ameisen in der Küche gehören so schnell zum Bild, die Schaben bei Nacht auf unseren Fußböden und in unseren Schränken sind dann irgendwann nur noch Schaben, die ja aber nicht beißen, die Moskitos werden eine unvermeidbare Lästigkeit, von denen man sich nicht verrückt machen lassen darf, weil ihre Gefahr viel niedriger ist als der Stress, den die Angst vor ihnen auslösen kann. Das Moskitonetz ist eine große Beruhigung. Der anfangs fast unerträgliche Ruß auf den Straßen, der sich mit der feuchten Hitze und dem Geruch von verwesenden Abfällen vermischt, wird bald zum charakteristischen "Geruch Senegal", den wir alle an uns tragen.

Dass sich unsere Abfahrt so sprunghaft hin und her verschob gehört irgendwie in diesen Lebensstil, in dem einiges langsamer, vieles aber vor allem unplanmäßiger abläuft. Mit neuen Erlebnissen wird sich das Adrenalin in meinem Blut wieder verteilen.

Ich werde mich in ungefähr einer Woche hier wieder melden, vielleicht aber auch schon morgen, vielleicht auch erst später. Die Abfahrt ist für 19 Uhr angesetzt. Ich muss noch packen und einige Kleinigkeiten erledigen.

A bientôt!

Dienstag, September 13, 2005

Der Konflikt in der Casamance

Ich habe einen interessanten, wenngleich etwas veralteten Artikel über den Konflikt in der Casamance gefunden, meine zukünftige Aufenthaltsregion. Lisa hat schon kurz darüber gesprochen. Der neuste Stand zu dem Konflikt in der Casamance ist, dass Ende 2004 ein Friedensvertrag (vielleicht ist es auch nur ein Waffenstillstand) unterzeichnet wurde zwischen Separatisten und Regierung. Hier ist der Link:

  • Der grüne Hinterhof ist kriegsmüde. In der Provinz Casamance kämpfen seit 22 Jahren Separatisten gegen die Regierung Senegals – doch es ist ruhiger geworden. (FR 17.3.2004)

  • Offenbar werden wir Freitag aufbrechen. Bis dann, Heiko

    Montag, September 12, 2005

    Aufbruchstimmung

    Die Dinge scheinen hier langsam in Bewegung zu kommen für Lisa und mich. Unsere Destination ist Bignona, Casamance, das war von Anfang an so vorgesehen. Wir hatten jedoch das Glück noch eine Weile damit verbringen zu können, Dakar und Tostans Büro dort kennen zu lernen. Je länger man bleibt, desto schwieriger jedoch die Abreise, und ich glaube inzwischen haben wir genügend soziale Kontakte geknüpft um eine Art von Abschiedsgefühl zu verspüren. Wie dem auch sei, ich versuche jetzt ruhig in einer Zeit zu sprechen, in der ich mich eher überwältigt fühle. Unsere Abreise ist also für diese Woche geplant, doch der Tag wird sich erst morgen entscheiden. Und eine der Optionen ist der Mittwoch. Am Mittwoch könnten wir mit einem Tostan-Fahrer nach Kolda im Süden des Senegal, östlich von der Casamance, aufbrechen. Am Freitag wäre es ein öffentlicher Klein-Bus. Wir müssen noch einige Dinge erledigen vor unserer Abfahrt, darunter unser Ticket umbuchen, unsere Boubous und unser Visum abholen.

    Das Visum ist ein Haken, denn das dauert in der Regel. Offenbar hat Tostan jedoch einen Kontakt im Ministerium und wir versuchen es schneller zu bekommen. Das müsste dann bis morgen klappen. Sollte es nicht bis Mittwoch klappen, der Tag, an dem wir im bequemen Tostan-Fahrzeug einen Großteil der Strecke zurücklegen könnten, wäre es der Freitag. Wir werden in beiden Fällen begleitet von Pape, ein junger senegalesischer Mitarbeiter von Tostan, der uns unterstützen wird und uns in den letzten Tagen einige Wolof-Lektionen erteilt hat. Sehr beruhigend ihn zu haben.

    Was erwartet uns dort. Wir fahren höchst wahrscheinlich zunächst nicht ganz bis Bignona, Casamance, durch, sondern machen Zwischenstop in der Stadt Kolda. Tostan hat dort ein Büro. Lisa und ich sollen ein Tostan-Dorf portraitieren in der Kolda-Region. Das ist unsere Gelegenheit, das Tostan-Programm vor Ort kennen zu lernen und herauszufinden, wie es praktisch funktioniert, was sich verändert, wie es die Menschen beeinflusst und wie sie es aufnehmen. Das Dorf-Leben bringt einige Umstellungen mit sich, ist aber sicherlich das Herz des Senegalerlebnisses.

    Courtney, eine Freiwillige aus Oregon, ist gerade gestern Abend aus der Fouta-Region zurückgekommen, sie hatte u.a. eine interessante Rückreise, die es sich definitiv lohnt nachzulesen! Ich habe sie verlinkt in der Sidebar, oder: www.courtneysmith.org

    Nach einer Woche Aufenthalt reisen wir dann ins Tostan Office Bignona weiter. So der Plan momentan, ich würde jedoch nicht meine Hand dafür ins Feuer legen.

    Ich glaube bisher mussten wir uns nicht so hart mit dem Französischen auseinandersetzen wie heute. Lisa hat mit dem Co-Direktor von Tostan telefoniert, nachdem die Assistentin sie eher überraschend mit ihm verbunden hatte. Dann wurden wir in die Arbeit "da unne" eingeführt. Mir dröhnt der Kopf. Die (administrative) Assistentin scheint sich damit zu amüsieren, habe ich den Eindruck, vor allem Lisa Fragen an den Kopf zu schmeißen, oder sie ans Telefon zu rufen. Um einen falschen Eindruck zu vermeiden, sie ist ausgesprochen liebenswert und hilfsbereit.

    Randnotiz

    Ich schätze ich habe heute wohl endlich gelernt, wie man richtig beim Essen sitzt, d.h. kniet. Man isst auf dem Boden vor einer großen runden Platte mit Gemeinschaftsessen. Männer sitzen entweder mit eingeknickten Knien auf ihren Fersen, oder sie sitzen nur auf ihrer linken Ferse und stellen das rechte Bein angewinkelt vor sich, Fußsohle auf den Boden. In beiden Fällen wird die Durchblutung radikal geknebelt, die Fußknochen schmerzen königlich, und ich glaube ich habe eine Theorie gefunden warum sie hier so schnell essen, obwohl das Kochen Stunden dauert und auch sonst die Uhren etwas langsamer ticken (man widerspricht dem hier, es sei lediglich ein Platzproblem). Eine schlimmere Sitzhaltung müssen wohl nur die Frauen einnehmen...

    Kleines groß erlebt

    Die letzten Tage habe ich mich guter Gesundheit erfreut, was meinem Gemüt ausgesprochen gut getan hat. Fast wie nach einer Feuertaufe bin ich nach meiner vermutlichen Lebensmittelvergiftung auferstanden und, wie Janis es wohl sagen würde, hab’ Dakar gerockt. Wir waren im Meer baden, haben die City angesteuert, den Kunsthandwerkmarkt besucht (anstrengend, wenn man sich keine zwei Meter bewegen kann, ohne von einem Händler aufgegabelt zu werden), viel gegessen (meine ultimative Kohlenhydratzufuhr und ultimativer Brotersatz sind Cornflakes geworden, mit Apfelsaft serviert), um abends noch stundenlang bei den Mädels im Zimmer zu reden, quatschen, herumzualbern, diskutieren, uns von leckeren und kreativen Gerichten Geschichten zu erzählen, die wir in unserer jeweiligen Heimat kennen und lieben. Mein Besuch in Oregon (Rückkehr nach fünf Jahren?) nächsten Sommer ist fest eingeplant, damit ich in Eugene, OR die vielen Kreationen veganer Küche erkunden und nach Deutschland einführen kann. Channon sei Dank. Leider ging es nicht allen Freiwilligen so gut, eines unserer Mädels hatte offenbar eine Vergiftung und wurde in ihrem Bett von einer Flohart attackiert. In professioneller Hinsicht bereiten wir unsere Abreise in die Casamance vor, wo wir u.a. für das Deutsche Komitee für Unicef, einer der größten Unterstützer von Tostan, Berichte auf Deutsch schreiben und ein Tostan-Dorf nahe der Stadt Kolda besuchen und portraitiere sollen. Ob wir in die Casamance chauffiert werden, oder einen öffentlichen Kleinbus nehmen müssen, entscheidet sich heute.
    Ich werde versuchen, diesem Eintrag noch einige Bilder hinzuzufügen sobald wie möglich...

    Wie die Tankstelle zur persönlichen Oase wird

    Grelle Lichter, Benzin- und Reifengeruch, steriler Kassen- und Shoppingbereich – die Atmosphäre einer Tankstelle in Dakar unterscheidet sich nicht von der Atmosphäre einer Tankstelle in Berlin, Erfurt, Frankfurt oder Paris. Der Stellenwert kann hier jedoch ein anderer sein. Am Donnerstag sind Lisa, Channon (unsere Kollegin aus Oregon) und ich für einen gemütlichen Kaffee zu der lokal Mobil-Tankstelle spaziert. Da Kaffee hier meistens aufgegossener Instant-Nescafé heißt, kann eine schöne frisch gebrühte Tasse schon einen kleinen Weg wert sein. Die Mobil-Tankstelle ist an einige kleinere Fast-Food-Restaurants angeschlossen, in der Art der Potsdamer Bahnhofspassagen. Es gibt einige Sitzgelegenheiten. Wir drei bestellen uns also unseren frischen Kaffee an der Theke, ich suche mir noch Orangensaft und Cornflakes raus und wir setzen uns. Der Kaffee wird gebracht, an Servicepersonal mangelt es hier nicht, drei, vier Leute finden sich immer, und eine Bediengelegenheit wird gerne wahrgenommen. Vor allem, wenn, wie an diesem Mittag, die Tankstelle fast leer ist. Und irgendwie fühlen wir uns unglaublich wohl, diese Tankstelle ist fast wie eine kleine Oase in diesem Moment. Wir trinken ein vertrautes Getränk, essen ein vertrautes Frühstück. Ich vermisse kalte Kohlenhydratnahrung, sprich Brot, sehr, deswegen hatte ich ein starkes Bedürfnis nach Ersatz. Lisa raucht, was sie hier sehr selten tut wegen der Hitze, wir unterhalten uns. Vielleicht ist es die Vertrautheit – so unmöglich das klingen mag – des kühlen, grellen Raums, der unser Wohlbehagen auslöst und uns vergessen lässt, dass wir in unserer jeweiligen Heimat nie auf die Idee kämen, in einer Tankstelle zu frühstücken. Wir gehen aufgemuntert zurück ins Büro.
    Der Ort hat übrigens einen Vorteil. Als wir dort hingingen war in Dakar, es regnete, gerade Stromausfall, unser Büro war lahm gelegt. Die Tankstellen sind vom öffentlichen Strom jedoch unabhängig.

    Kaffee und Kodak

    Eine einfache Erledigung kann hier manchmal zu einem kleinen Erlebnis werden. Am Donnerstagabend war so ein Fall. Eigentlich habe ich nur ein paar Passbilder gebraucht, für mein Visum. Lisa und ich machen uns also auf Socken. Wir haben nur eine vage Vorstellung von der Lage des Fotoshops, fragen deshalb Leute auf der Straße und glänzen dabei ein bisschen mit unseren neuen Wolof-Kenntnissen – viele Leute hier lieben es, wenn man auch nur einige wenige Brocken spricht. Der Laden ist leicht aufzuspüren, ein Kodak-Shop. Der Strom ist gerade wieder ausgefallen, bereits zum zweiten Mal an diesem Tag. Ohne Strom, keine Bilder. Doch der Inhaber ist wenig beunruhigt, er fragt uns, ob wir noch Geschäfte zu erledigen haben und lädt uns zum Warten ein. Wir setzen uns auf eine Bank, außer den Straßenlaternen keine Lichtquelle in der nächsten Umgebung (na ja, die Tankstellen…). Die Straßenlaternen fallen nur zwischenzeitlich ganz kurz aus. Wir wechseln einige Worte. Der Inhaber hat eine französische Mutter, ist aber Senegalese, verheiratet, eine kleine vierjährige Tochter. „Zwei Kinder sind schon zu viel“, meint er, Lisa und ich sind überrascht. Seinen Laden hat er erst ganz neu, erst vier Monate. Es kommen viele Fotografen mit ihren Filmen, er meint, das Geschäft laufe gut. Wir lassen uns einige Beispiele entwickelter Bilder vorführen und bekommen einen Haufen bunter Hochzeitsbilder, Bilder von Marabouts mit dem Mekka im Hintergrund, Bilder des Präsidenten, Wade, Bilder von Festen und viele Portraits zu sehen. Die Menschen auf den Passbildern gucken ernst, was ich später imitieren werde. Zwischendurch kommt ein kleines Mädchen mit einem Tablett auf dem Kopf vorbei, es verkauft Kaffee Touba. Wir werden eingeladen. Unser Gastgeber, als den ich ihn bereits wahrnehme, erklärt uns die Vorzüge dieses koffeinfreien, jedoch sehr anregenden Getränks, süß serviert, äußerst stark (wie auch der Tee), leichter Kaffeebohnengeruch, würzig, lecker. Nachdem wir unser kleines Glas ausgetrunken haben, zieht sie weiter. Er beklagt sich, wie schlecht das kleine Mädchen aufbrüht. Gerade in dem Moment, als wir die Bilder durchgeschaut haben, gehen plötzlich das Licht und der Fernseher wieder an, die Stadt wird erleucht, der Ausfall hat erneut mehr als eine Stunde gedauert. Sie wird erleuchtet, soweit sie an elektrischen Strom angeschlossen ist. In vielen Häusern selbst in unserer Nachbarschaft kann kein Strom ausfallen, es gibt dort keinen. Wir machen meine Bilder, vier Stück für 2000 F CFA (ca. 3,20 Euro real), verabschieden uns, werden herzlich für weitere Kaffee Touba eingeladen. Die Passbilder sind an diesem Abend das Nebensächlichste, was ich mitnehme.

    Visum, Rückflug, Boubou

    Dakar-City an einem Freitagmorgen anzusteuern will wohl überlegt sein. Der Verkehr ist zäh. Wir hatten gestern keine Wahl. Zum Glück hatte es über Nacht nur wenig geregnet, sonst hätten die Straßen unter Wasser stehen können. Bacc, der Fahrer von Tostan, klingelt um 8:10 Uhr heftig, er wartet seit zehn Minuten und will endlich los. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie ich wir Toubabs uns in diesem Verkehrschaos behaupten würden. Unser erster Termin war das Innenministerium, Visumsverlängerung. Welches Büro dafür zuständig ist, wussten wir nicht, der Pförtner ebenso wenig, beim zweiten Büro fand sich dann aber ein freundlicher Soldat (?), der uns zum richtigen Ort begleitete. Der Beamte (?) dort sitzt an einem einfachen Schreibtisch, blättert ein wenig, guckt sich unsere Unterlagen mürrisch an, es stehen einige wenige Aktenschränke an den Wänden. Ein Computer im ganzen Zimmer, in dem offenbar mehrere Beamte arbeiten. Uns drückt man eine Wartenummer in die Hand, mit der wir nächste Woche zurückkommen sollen. Das hält Molly, die Direktorin von Tostan, jedoch für zu optimistisch, auf keinen Fall sollen wir warten mit unserer Abreise in die Casamance, die für Ende dieser Woche angesetzt ist. Es gibt offenbar einige Tricks, darunter sich einfach bei der Einreise aus Gambia ein neues Dreimonatsvisum zu besorgen. Gambia muss man normalerweise ohnehin durchqueren auf dem Weg zwischen der Casamance und Dakar. Normalerweise, wenn die Grenze nicht gerade geschlossen ist und man in einem riesigen Umweg um Gambia herum fahren muss wie im Moment… Aber das Thema wird uns Ende der Woche beschäftigen.
    Unser nächster Termin war das Alitalia-Büro in der Innenstadt, unweit des Place de l’Indépendance. Weil das automatische Senegal-Visum für Europäer nur drei Monate gültig ist, hatten wir unseren Rückflug innerhalb dieser Periode gebucht, um mögliche Schwierigkeiten beim Check-in zu vermeiden. Interessiert hat es dann tatsächlich niemanden. Jetzt müssen wir es jedoch umbuchen, was bedeutet – und das ist ein merkwürdiger Gedanke –, dass wir uns jetzt schon definitiv auf unseren Rückflug festlegen müssen. In sechs Monaten! Immerhin eröffnet das die Möglichkeit, gleich nach einem Flug nach Madrid zu suchen (fühlt sich dort jemand angesprochen?).
    Nach diesen Anstrengungen gehen die drei Freiwilligen gemütlich in einem europäischen Restaurant frühstücken und genießen die heimische Atmosphäre… Dakar bietet Restaurants und Bars in jeder Preisklasse und es lohnt sich, die verschiedenen Orte zu besuchen. Gestern zum Beispiel waren wir orientalisch essen, Falafel, Humus etc.
    Doch Dakar hat uns schnell wieder. Der letzte Termin liegt in einem ganz anderen Teil der Stadt, ein Schneider, bei dem wir unsere Boubous fertigen lassen. Mit unserem Taxi haben wir Glück. Wenn man so durch die Straßen cruist, langsam, wegen der Verkehrsdichte, kommt ein echtes Senegalesisches Gefühl auf. Die Radiomusik springt zwischen traditionell und westlich, alle fünfzig Meter läuft ein Verkäufer vorbei und präsentiert seine Waren, Handys, Kleenex, Armbanduhren, Batiktücher, gekühltes Wasser, die Taxi-Insassen zerlaufen in der stickigen, rußigen Hitze, wir passieren den Obélisque, der die Unabhängigkeit von 1960 zelebriert. Ich weiß nicht, wie lange wir für die kurze Strecke gebraucht haben bei einem Tempo, das sich einer Schrittgeschwindigkeit genähert hat. Channon gibt dem Fahrer bei unserer Ankunft einen Preisaufschlag wegen dieses Verkehrs, denn Motoren schwitzen Benzin bei diesem Tempo aus wie es Menschen bei Hitze tun.

    Dienstag, September 06, 2005

    Trommeln mit Blick auf Südamerika

    Ich schätze es fällt mir etwas schwer meine Gedanken in diese Tastatur zu hämmern – hämmern, das es ist, wie es sich anfühlt – nachdem ich meine Wäsche gewaschen habe. In Potsdam schmeiße ich einfach alles in die Maschine und es scheint keinen Unterschied zu geben zwischen drei oder vier Hosen, fünf oder zehn Paar Sacken. Hier macht es einen fühlbaren Unterschied für die Auslastung der Fingermuskulatur. Zumindest im Moment noch.

    Wie dem auch sei, heute war in der Tat ein guter Tag. Vor allem nach dem gestrigen. So schnell wie ich es nie erwartet hatte, vor allem nach den guten Erfahrungen der ersten Tage, habe ich mir eine satte Lebensmittelvergiftung zugezogen. Die Sache war ganz merkwürdig. Zum Abschied unserer Koordinatorin, Sabine (die am Taxi weiter unten), sind wir in ein Restaurant um die Ecke unseres Volunteer Apartments essen gegangen. Französisch, das Rstaurant gilt als sicher im Sinne von Lebensmittelzubereitung in einem Land, wo Salate potentiell mit verkeimten Wasser gewaschen sein können, importiertes Fleisch (leckere Reste aus der EU) durch mangelhafte Kühlung einen Tick hat, und Essen nach westlicher Küche oft an unzureichender Erhitzung krankt. Die Senegalesische Küche ist sicherer, weil gerade der Fisch oft stundenlang gebraten, gegrillt, geräuchert wird und dadurch alles unerwünschte Leben ausgelöscht wird. Dieses Französische Restaurant also. Als zweiter Punkt ist zu vermerken, dass die anderer Freiwillige, Michelle, das gleiche Gericht wie ich bestellte, Hähnchen mit Kartoffeln. Ihr ging es gut. Ich hingegen verbrachte den halben Tag gestern schlafend, ohne jeden Wunsch nach Bewegung. Und das, nachdem ich die Nacht über tief und fest, fast wie im Delirium geschlafen hatte, mit nur einer kurzen Unterbrechung, in der ich mich mit aller Wucht meines Abendessens entledigte (nur gut, dass niemand neben mir schläft). Der Tag war vorstellbar wenig erheiternd.

    Heute Morgen war es dann viel besser. Lisa und ich werden offenbar noch bis nächsten Mittwoch in Dakar sein und dann nach Bignona, Casamance (Süd-Senegal) aufbrechen. Deswegen war es höchste Zeit, dass wir uns traditionelle Kleidung besorgten. Der beste Ort dies in Dakar zu tun ist HLM irgendwo in Dakar. Die Taxifahrer kennen diesen Ort, wow. Man sollte bei der Preisverhandlung auf 1000 F CFA zielen, mir ist es jedoch nicht gelungen. Alle Fahrer (nach fünf hatte meine senegalesische Begleitung genug) wollten 2000 CFA von mir, keine Ahnung. Vielleicht muss ich an meinem Unschuldsausdruck arbeiten. Andere Freiwillige (weißer Hautfarbe!) bekamen diesen Preis. Wir sind also zu HLM gefahren und durch das enge Markttreiben gezogen. So eng, dass man kaum zu atmen wagt. Was durch den vielen Autoverkehr (keine Kats) ohnehin schwierig ist. Wenn es also gelingt, zwischen den vielen Menschen (Händler, Suchende, Snack-Verkäufer) und Pfützen noch auf die Umgebung zu achten, eröffnet sich eine ganz neue Welt der Stoffe. So viele bunte, grelle, intensive Farben und kreative Muster. Mir fiel es bei dieser Auswahl nicht besonders schwer, einen Stoff für meinen Boubou auszuwählen.

    Der Boubou ist das traditionelle senegalesische Outfit, das viele Menschen selbst in Dakar, wo Tradition sich mit Moderne vermischt, noch recht üblich ist. Umso mehr in den dörflichen Gemeinden. Wenn Lisa und ich auf Dorf-Expedition gehen, sind diese Teile „Pflicht“. Die Menschen fühlen sich ernst genommen, wenn man in ihrer traditionellen Kleidung daherkommt bzw. allgemeiner, ihre Kultur respektiert. Die Erfahrung von Tostan zeigt, dass die Menschen sehr viel offener mit Toubabs (Ausländern) umgehen, wenn sie sich respektiert fühlen und das beginnt damit, dass man ihren Dresscode respektiert. Ich erinnere mich gut daran, wie wir dieses Thema im Weltladen diskutiert haben, ich will es hier dabei belassen. Ich weiß nur, dass ich von vielen Leuten (mit Erfahrungen aus Indien, Senegal, Guinea) weiß, denen ich jetzt meine eigenen Eindrücke hinzufügen kann, dass die meisten Einheimischen es sehr begrüßen, wenn man sich ihre Kleider überstülpt. Ich wurde bereits mehrmals ermutigt. Heute habe ich mir also 6 Meter Stoff (5000 CFA) besorgt, den ich in einen wunderbaren langen losen Boubou umwandeln lassen werde demnächst. Bilder werden folgen…

    DES ABENDS machte ich mit Lisa und einer weiteren Toubab (gibt es eine weibliche Form?) die ersten Zügen im Atlantischen Ozean an der Küste Westafrikas. Die Idee ist ein wenig aufregend. Die Wellen konnten dieser Erwartung jedoch kaum standhalten. Ein wenig in Richtung Brasilien hinausgeschwommen überkommt mich das pure Urlaubsgefühl, da ich der typischen Geruchsmischung aus Schweiß, verwesenden Abfällen und Abgasen entkommen kann. Der Salzreiz in meinen Augen erinnert mich an die alljährlichen Winter-Entflieh-Urlaube auf Ibiza (haha!). Es ist nicht besonders schwer, hier mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Es fehlt dann meistens auch nicht an Bestimmtheit zu sagen, kommt man so Englisch schnackend daher wie unsere binationale Gruppe, dass wir hier dringend Französisch sprechen lernen müssen. Und, hey, du kennst den ersten Präsidenten des Senegal nicht? Durchgefallen! Natürlich kennen wir ihn, Senghor, er ist eine Berühmtheit, 20 Jahre im Amt gewesen nach der Unabhängigkeit 1960.

    So sitzen wir nach unserem Bad bei einer Gruppe Senegalesen und trinken Ataya, ein sehr starker chinesischer Grüntee, serviert mit einer außergewöhnlichen Menge Zucker. Normalerweise geht das drei Runden so, mit nachlassender Stärke des Tees, wir durchliefen jedoch nur Runde zwei. Gerade dabei, applaudieren wir den Trommlern bei uns unterm Zelt und kommen so zu unserer ersten Runde Trommelunterricht. Natürlich wird die Trommel als erstes mir zwischen die Knie geschoben. Frauen tanzen zu der Musik, erfährt Lisa, aber sie darf nach mir trotzdem probieren. Ob es ihr geringeres Gefühl für Rhythmik oder einfach nur die falsche Rolle, die sie da spielte, war, die unseren Lehrer zu seiner kritischen Beurteilung fuehrt...

    Nun, ich schätze morgen sind wir wohl eingeladen, eine Art Hirsegericht kochen. In dem Fall hat Lisa bereits gelernt, dass sie schön zugucken darf, um zu lernen. Damit dir nicht der Mann weglaeuft, sich in die naechste Bar verdrueckt und nach Alternativen schaut, will das Kochen hier als Frau wohl gelernt sein. Hmmm... Werde ich mich dann wohl zurueckweisen lassen muessen?

    Sonntag, September 04, 2005

    Die ersten Schritte in Dakar

    Ich wollte gerade anfangen über das Wetter zu reden als zunächst die Musik anfing zu schwanken (heute schreibe ich an meinem Laptop), dann die Lautstärke in den Knöpfen meines Ohres explodierte, und schließlich der Computer gänzlich abgewürgt wurde. Der Strom ist recht zuverlässig, genauso wie das Wasser, aber es passiert, dass sich das eine wie das andere für eine Weile verabschiedet. Na ja dafür gibt es ja Akkus und Wasserkanister.

    Es ist Sonntag, wir vier Freiwilligen (drei Mädels und ich, oder zwei Deutsche, zwei Amis) sitzen in Tostans coolem zweistöckigen Volunteer Apartment und inzwischen (16 Uhr GMT/Dakar-Zeit, oder 18 Uhr WSZ/Berlin-Zeit) scheint sogar der Regen der Sonne gewichen zu sein. Nicht dass wir bisher besonders viel Sonne gehabt hätten, das Wetter gönnt uns eine Eingewöhnungsphase. Der Schweiß steht dennoch permanent auf meiner Stirn. Wir spielen uns wohl Musik vor, die wir mitgebracht haben, Wir sind Helden haben in den USA mittlere Resonanz gefunden, Tocotronic fallen durch ihren Namen auf. Oh gerade kommt der Strom wieder, also nur knapp zehn Minuten Ausfall.

    Gestern waren Lisa und ich das erste Mal in Dakar Downtown. Sabine, die Volunteer Koordinatorin, die morgen leider für fünf Wochen nach Paris geht, hat uns mitgenommen. Tostans Office ist im Norden der Stadt, etwa zwanzig Minuten mit dem Taxi bis in die Innenstadt. Um dorthin zu kommen, stellt man sich also an die Straße, wartet einige Sekunden bis das nächste gelbe Renault-Taxi vorbeifährt, gibt dem Fahrer ein Zeichen. Dann kann das alltägliche Ritual beginnen. „Friede sei mit dir“, „Friede sei auch mit dir“, „Wie geht es?“, „Es geht schon“, „Ich gehe in die Stadt, wie viel kostet das?“ Der Fahrer nennt einen Preis, den man von sich weist und einen niedrigeren nennt. Entweder er wird einlenken, indem er zustimmt oder ein Stück weiterfährt, um dann anzuhalten, kurz hupend, oder er sieht den Preis nicht ein und fährt weiter. Das Spiel beginnt beim nächsten Taxi von vorn.

    Dakar Downtown war gestern Mittag ausgesprochen belebt. Überall Händler. An der nächsten Ecke haben wir uns einen kleinen Nescafé (50 F CFA) zur Belebung gekauft, und die besondere Gelegenheit genutzt, dass ein Händler mit aufgeschnittenen Kokosnüssen (25 F CFA pro Stück) vorbeikam. Die mobilen Händler haben immer einiges darin gesteckt, auf sich aufmerksam zu machen, keiner hat jedoch ein entschlossenes „Merci“ oder „Le prochein fois“ (nächstes Mal) (ein bloßes „Non!“ ist äußerst unhöflich) ignoriert. Ich habe fürs Erste keine Kleider gekauft, auch wenn die vielen fröhlichen Stoffe verlockend sind.

    Was man hier sehr viel sieht, wenn man durch die Straßen läuft, sind unfertige Betonhäuser, die aber häufig bewohnt werden. Wenige bis keine Blech- oder Lehmhütten. Die Straßen abseits der Hauptstraßen sind von dem vielen Regen matschig. Die Bürgersteige sind klein und zugeparkt, was sehr unpraktisch ist, weil man sich mit dem Straßenverkehr als Fußgänger besser nicht anlegt. Der Zustand der meisten Fahrzeuge berichtet von kleineren und größeren Zusammenstößen, Schrammen, Stößen, und Hupen ist beliebter als Bremsen.

    Heute habe ich noch herausgefunden, dass Couscous hier in zwei Varianten kommt, in traditioneller Art aus Hirse und marokkanisch aus Hartweizengrieß. Wer kein Baguette oder anderes weißes Brot essen kann, freut sich über diese Alternative zu weißem Reis, den man hier praktisch zu jeder Mahlzeit serviert. Die Hirse, eine bräunliche Variante, nicht goldgelb wie in Europa, riecht im ersten Moment etwas nach Hundefutter, kurz aufgekocht und mit Banane und Apfel vermischt (ganz untypisch für senegalesische Küche) macht sie jedoch ein hervorragendes Frühstück. Das Obst ist unbedenklich, wenn man es entweder kurz aufkocht, oder für den Rohverzehr in gebleichtem Wasser etwa eine Viertelstunde einweicht. Bananen einfach schälen. Kleine Notiz, ich finde die Bananen hier schmecken und riechen mehr wie unserer Bio-Bananen, sehr fruchtig und voll im Geschmack. Ganz sicher sind es jedoch keine Bio-Bananen. Wahrscheinlich werden sie reifer geerntet und weniger behandelt wie es für die Reise in das ferne Europa geschieht. Man bekommt Obst an jeder Ecke.

    Wir verabschieden Sabine heute Abend, sie hat schon einiges wertvolles Wissen an uns weitergegeben. Offenbar besuchen wir wohl ein nettes Restaurant um die Ecke. Der Muezzin ruft zum Gebet. Lisa ist über ihrem Laptop eingepennt.

    Samstag, September 03, 2005

    Kurzbotschaft aus Dakar

    Jetzt war ich doch tataechlich bester Absicht, hier zu posten, doch leider moechte der Guard gerne nach Hause, und da ich in Tostans Office in Dakar sitze, habe ich leider keine andere Wahl als meine Absicht auf spaeter zu verschieben.

    Kleiner Eindruck des Lebensgefuehls hier, es ist immer sicherer sich nicht darauf zu verlassen, dass der naechste Geldautomat wirklich funktionert, auch wenn noch Leute vor einem drin waren, dass das naechste Taxi einen angemessenen Preis fuer einen Fahrt in die Innenstadt fordert, dass das Wasser aus der Leitung kommt (ironischerweise scheint das hier in Dakar oft zu passieren, wenn es regnet, Regen ist fuer die Menschen hier wie grosse Hitze, sie bekommen frei, arbeiten nicht, gehen nicht raus usw).

    So bleibt mir nur kurz zu sagen, Lisa und mir geht es gut, keine Magenprobleme, kein Sonnestich, wir sind beide ein wenig muede, aber die Menschen sind sehr freundlich, wir lernen viele Leute kennen, die uns alles erklaeren, wir sind hoffnungsfroh! Und die Moskitos sind hier in der Gegend nicht sehr verbreitet!

    A revoir!